Bis zum Ende des Tages legten wir ca. 50 km auf unseren ungefederten Drahteseln zurück und fanden uns am Ende des Tages beim Sonnenuntergang am Haupttempel inmitten einer unglaublichen „Wow-Atmosphäre“ wieder.
Um zu verstehen, welche Historie diese Tempel begleitet, sind die weiteren Bilder mit einem kleinen historischen Abriss versehen.
Die Tempel von Angkor Wat enthalten bereits in ihrer direkten Übersetzung aus der Sprache der Khmer, der angesiedelten Einwohner Kambujas um 900 n.Chr., ihre eigentliche Bedeutung. „Stadt Tempelanlage“ beschreibt die ursprüngliche und spätere Nutzung dieser massiven und zugleich filigran verzierten Bauwerke nahe der heutigen Stadt Siem Reap.
Der damalige König verhalf der Region zu Ruhm und Reichtum durch den Bau diverser Bewässerungsanlagen und Stauseen und ermöglichte durch die somit erwirtschaften Überschüsse, den Bau dieser prunkvollen Gebäude. Anders als zu heutiger Zeit, wo die buddhistischen Mönche die alten Tempel als Pilgerstätte nutzen, wurde die damals bereits große Stadt, im frühen 12.ten Jahrhundert durch diverse Tempel im vishnuistischen Stile erweitert. Zusammen mit den umgebenden Wassergräben stellt der größte der zahlreichen Tempel, der Angkor Thom, gleichzeitig auch das Nationalsymbol Kambodschas dar, welches ebenfalls auf der Landesflagge erscheint.
Zur Blütezeit der alten Khmer besiedelten über eine Millionen Bewohner die gewaltige Stadt, während London zur gleichen Zeit mit 50.000 Einwohnern, im Vergleich dazu, eher als Kleinstadt zu bezeichnen ist.
Schmerzende Hintern waren wirklich das einzig Negative, was uns an diesem Tag passiert ist. Ansonsten waren wir schwer beeindruckt von der Größe und der Geschichte dieser wunderschönen Bauten und fuhren beladen mit vielen Eindrücken gen Phnom Penh, in Kambodschas Hauptstadt.
Was genau machen wir eigentlich in Phnom Penh? Die Antwort ließ natürlich nicht lange auf sich warten, denn Guesthousebesitzer oder Tuk-Tuk Fahrer haben immer alles Sehenswerte im Angebot. Meine grundlegende Angst vor zu hohen Preisen hat mich in den meisten Fällen zu Stadterkundungen auf eigene Faust getrieben, jedoch konnten wir bei 15 Dollar für einen Fahrer, der uns den ganzen Tag kutschiert, nicht „Nein“ sagen.
Die grundlegendsten Sehenswürdigkeiten der Stadt sind mit der jüngsten Geschichte Kambodschas verknüpft, die interessant aber sehr traurig zugleich ist und mir ehrlicherweise auch vorher gar nicht bewusst war. Die folgenden Bilder sind mit einem kleinen Exkurs der Ereignisse der späten 70er Jahre in Kambodscha verknüpft, die ähnliche Grausamkeiten aufweisen, wie die Judenverfolgungen durch die Nationalsozialisten.
Einer der Orte, die ein Kapitel dieser Zeit erzählen, sind die Killing Fields von Choeung Ek nahe Phnom Penh. Ein Ort, an dem im Zuge der Herrschaft der roten Khmer mehr als 17.000 Menschen auf grausame Art und Weise getötet wurden und wo eine Stupa als letzte Ruhestätte der exhumierten Schädel der hier gestorbenen Opfer an diese schlimmen Taten jener Zeit erinnert.
Die gewaltsame Übernahme der Hauptstadt und des Regierungssitzes Phnom Penh und der anschließenden Propaganda einer Ideologie eines kommunistischen Agrarstaates, verwandelte das damalige Kambodscha binnen weniger Tage in einen Ort des Schreckens, der Angst und der Vertreibung.
Da die damalige Regierung den Unterschied zwischen Stadt und Land als den Hauptgrund für die Armut im Lande sah, wurde die gesamte Stadtbevölkerung in langen Märschen auf das Land vertrieben und zur Feldarbeit gezwungen, um die landwirtschaftlichen Erträge zu verdreifachen. Natürlich sind in der Folge die Versorgung mit Nahrung durch Fehlplanung und Misswirtschaft zusammengebrochen und viele, der zur Arbeit gezwungenen Menschen, starben unter den harten Arbeitsbedingungen und der nicht vorhandenen medizinischen Versorgung.
Ebenso wurde das Geld abgeschafft, Bücher verbrannt, Lehrer, Händler und beinahe die gesamte intellektuelle Elite des Landes in Gefängnissen zu Geständnissen für Verbrechen gezwungen, die sie nie begangen haben, um diese anschließend auf hunderten solcher Killing Fields zu ermorden.
Die meisten jedoch wurden schlussendlich auch ohne Grund auf grausame Weise um ihr Leben gebracht und auf unwürdige Art und Weise in Massengräbern verscharrt. Noch heute werden, besonders in der Regenzeit, Knochen, Zähne und Kleidungsreste an die Oberfläche geschwemmt.
Die Killing Fields sowie das Gefängnis S-21 in Phnom Penh dokumentieren all jene Grausamkeiten, jener fünf Schreckensjahre von 1975-1979 unter der Herrschaft der roten Khmer, die durch die Befreiung durch die vietnamesische Freiheitsarmee beendet wurden.
Erst 2007 wurde ein Rote-Khmer-Strafgerichtshof eingeführt und die Rekonstruktionen der Verbrechen dauern bis heute an. Nach Schätzungen und Leichenfunden sind zwischen zwei und drei Millionen Kambodschaner in dieser Zeit ums Leben gekommen, gestorben durch die Hände ihrer Landsleute. Jene Orte hinterließen in mir ein sehr betretenes Gefühl.
Nach diesen interessanten Geschichtsstunden kann ich erfreulicherweise auch mit Fug und Recht behaupten, dass ich das Paradies gesehen habe. Verlassene Strände, einfache Bungalows direkt am Wasser, selbiges war bei 30 Grad gerade noch erfrischend. Außerdem ließen sonnig heiße 35 Grad Außentemperatur und bestes einheimisches Essen, gespickt mit täglich frischem Fisch, den Aufenthalt mehr als erträglich werden.
Ich vergesse manchmal, dass November ist und das lässt mich all jenes noch unwirklicher erscheinen. Ich werde wohl drei Tage hier genießen und mich dann langsam nach Vietnam aufmachen, um danach weitere Strände auf den Philippinen zu entdecken. Aber geht’s überhaupt noch schöner? Ich werde berichten. Bis dahin…
Auf die strapaziöse Anreise folgten einige Stunden erholsamen Schlafes, um für den nächsten ereignisreichen Tag gewappnet zu sein. Die Besichtigung der Tempel von Angkor Wat. Ein erster Überblick verschaffe uns Klarheit, dass für eine komplette Besichtigung ein fahrbarer Untersatz unverzichtbar sein würde.
Nachdem wir nun die letzten 25 Stunden ausschließlich in motorisierten Fahrzeugen verbracht hatten, hielten wir es für angebracht, uns für ein Fahrrad zu entscheiden. Für 3 US Dollar pro Tag waren wir nun stolze Teilzeitbesitzer unserer blauen Citybikes. US Dollar stellte sich im Übrigen als die inoffizielle Währung Kambodschas heraus. Das offizielle Zahlungsmittel des kambodschanischen Riels ist eigentlich nur beim Wechseln von Centbeträgen existent. So wunderte ich mich auch nicht, am Geldautomaten lediglich Dollar zu erhalten.