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Nach dem klaren "Ja" der Katalanen beim umstrittenen und von Polizeigewalt überschatteten Referendum rückt die Unabhängigkeitserklärung Kataloniens näher. Wie der regionale Regierungschef Carles Puigdemont in der Nacht zum Montag in Barcelona erklärte, habe die Region mit ihrem Votum das Recht erworben, ein unabhängiger Staat zu werden. Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy spricht der Region weiterhin jedes Recht auf Unabhängigkeit ab.
Die Separatisten haben sich laut der katalanischen Regionalregierung mit rund 90 Prozent der Stimmen durchgesetzt. An der Abstimmung hätten gestern gut 2,2 Millionen Menschen teilgenommen, teilte ein Sprecher der mit. Es habe 7,8 Prozent "Nein"-Stimmen gegeben. Die Regionalregierung in Barcelona hatte das Referendum trotz eines gerichtlichen Verbotes durch das Verfassungsgericht in Madrid und gegen den Willen der Zentralregierung in Madrid durchgezogen. Trotz des Polizeieinsatzes wurde jedoch vielerorts in Katalonien abgestimmt. Die Regionalregierung teilte mit, 96 Prozent der 3215 Wahllokale hätten normal funktioniert.
Seit Wochen hatte Rajoy immer wieder versucht, die Befragung zu verhindern. Bei Dutzenden von Razzien wurden mindestens zwölf Millionen Wahlzettel sowie Millionen von Wahlplakaten und Broschüren beschlagnahmt. Viele Webseiten wurden gesperrt. Mehr als 4.000 Angehörige der Guardia Civil und der Nationalpolizei wurden nach Katalonien entsandt.
Geprägt war das Referendum über die Unabhängigkeit der Region an der Grenze zu Frankreich von Polizisten mit Schlagstöcken und blutenden Bürgern. Die Polizei ging teils brutal gegen Bürger vor, die abstimmen wollten. Nach amtlichen Angaben wurden 844 Menschen verletzt, darunter einige schwer. Bei den Unruhen waren auch 33 Polizisten verletzt worden, wie das Innenministerium in Madrid mitteilte. Der Sprecher der katalanischen Regionalregierung sprach von "Unterdrückung durch den spanischen Staat" und einer "Schande Europas". Die Polizei setzte auch Schlagstöcke und Gummigeschosse ein, wie auf Videos zu sehen war.
Auf Fotos und Videos war zu sehen, wie Beamte auf Bürger einschlugen, die sich friedlich vor den Wahllokalen versammelt hatten. Mehrere Menschen bluteten im Gesicht, darunter auch ältere Bürger. Über Barcelona kreisten Hubschrauber. Die meisten Menschen reagierten friedlich auf die Aktionen der Polizei, hielten ihre Hände in die Höhe und stimmten Lieder an. Einige gingen mit Blumen in den Händen auf die Sicherheitskräfte zu. "Wir sind friedliche Leute!", riefen die Bürger in Sprechchören.
Für die Gewalt wurde in erster Linie die Guardia Civil verantwortlich gemacht. Sie ist seit der Unterdrückung der Region unter dem Franco-Regime in Katalonien äußerst unbeliebt. Die katalanische Regionalpolizei Mossos d'Esquadra, die in der Region verwurzelt und angesehen ist, war vor dem Referendum Madrid unterstellt worden. Dem Befehl, Schulen und andere Wahllokale abzuriegeln, kam sie am Morgen dennoch nicht nach und blieb passiv.
Nach einem vom katalanischen Parlament verabschiedeten "Abspaltungsgesetz" soll die Unabhängigkeit nach dem Sieg des "Ja"-Lagers innerhalb von 48 Stunden ausgerufen werden. "Wir werden diesen Weg gemeinsam und friedlich beschreiten", sagte Puigdemont. Auf dem Platz Placa de Catalunya im Zentrum Barcelonas brachen Zehntausende von Menschen bei diesen Worten in Jubel aus. Sie sangen auch die katalanische Nationalhymne "Els Segadors".
Rajoy steht nach den Zwischenfällen stark in der Kritik. Die katalanische Regionalregierung habe "Grundrechte verletzt" und gegen die Legalität und das demokratische Zusammenleben verstoßen, sagte er in Madrid. Der konservative Politiker gab der Regionalregierung in Barcelona die Schuld an den Unruhen. Die Verantwortlichen seien die, "die das Gesetz gebrochen haben". "Wir haben nur unsere Pflicht erfüllt und das Gesetz befolgt." Die stärkste Oppositionskraft in Madrid, die sozialistische Partei (PSOE), sprach von "Schande und Traurigkeit".
Die Sorge um die Gewalt in einem der wichtigsten Länder der EU erreichte auch Deutschland und andere Länder Europas. "Die Eskalation in Spanien ist besorgniserregend", schrieb der SPD-Chef und langjährige EU-Parlamentspräsident Martin Schulz. Madrid und Barcelona müssten "sofort deeskalieren und den Dialog suchen". Der belgische Premierminister Charles Michel erklärte: "Gewalt kann nie eine Antwort sein." Der Ruf nach einer Vermittlung der EU wurde lauter. Puigdemont selbst forderte die EU auf, nicht mehr wegzuschauen und einzugreifen.
Denn ein Kompromiss zwischen den verhärteten Fronten ist nicht in Sicht. Madrid wies alle Vorwürfe zurück. Die stellvertretende Regierungschefin Soraya Sáenz de Santamaría sagte, der Einsatz der Polizei sei angesichts der "Verantwortungslosigkeit" der Regierung in Barcelona nötig und auch "verhältnismäßig" gewesen. Die Frage auf den Stimmzetteln lautete: "Wollen Sie, dass Katalonien zu einem unabhängigen Staat in Form einer Republik wird?"
(dpa/san)