11. November 2021 – Sebastian Tegtmeyer
Die scheidende Bundesregierung hat einer Impfpflicht gegen Corona sehr früh eine Absage erteilt. Und die Parteien, die gerade über eine neue Regierung verhandeln, wollen sie auch nicht. In der Bevölkerung ist die Stimmung in dieser Frage aber gekippt.
Eine große Mehrheit der Deutschen befürwortet eine Corona-Impfpflicht zumindest für bestimmte Berufsgruppen. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sprachen sich 44 Prozent sogar dafür aus, alle Menschen in Deutschland zur Immunisierung gegen das gefährliche Virus zu verpflichten. Weitere 24 Prozent wollen die Pflicht auf einzelne Berufsgruppen wie Pflegekräfte oder Krankenhauspersonal beschränken. Nur 27 Prozent sind generell gegen eine Impfpflicht.
Stimmung hat sich gedreht
Damit hat sich die Stimmung seit Beginn der Corona-Impfungen in Deutschland vor knapp einem Jahr gedreht. Wenige Tage nach der ersten Impfung am 26. Dezember vergangenen Jahres hatten sich in einer YouGov-Umfrage noch 56 Prozent gegen eine allgemeine Impfpflicht und 33 Prozent dafür ausgesprochen. Die Haltung zu Impfungen für bestimmte Personengruppe wurde damals allerdings nicht abgefragt.
Unter den Wählern von CDU/CSU (56 Prozent), SPD (54 Prozent) und FDP (52) ist der Wunsch nach einer Impfpflicht für alle besonders stark ausgeprägt. Bei den Anhängern der Linken (46 Prozent), Grünen (44 Prozent) und AfD (31 Prozent) sowie den Nichtwählern (32 Prozent) findet die Idee dagegen keine Mehrheit.
Alte Regierung & Ampel-Parteien gegen generelle Impfpflicht
Die jetzige Bundesregierung von Union und SPD lehnt eine Impfpflicht ab. Auch die Ampel-Parteien, die derzeit über die Bildung einer neuen Regierung verhandeln, sind gegen einen solchen Schritt. Forderungen nach einer Impfpflicht nehmen aber zu. So hat sich Diakonie-Präsident Ulrich Lilie kürzlich für eine vorübergehende Impfpflicht in Pflegeeinrichtungen und im Gesundheitswesen ausgesprochen. Auch der Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina hält eine Impfpflicht für bestimmte Gruppen für sinnvoll.
Ethikrat rät zu Prüfung einer Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen
Angesichts der sich zuspitzenden Corona-Lage rät der Deutsche Ethikrat, eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen zu prüfen. "Der Rat empfiehlt angesichts der gegenwärtigen pandemischen Situation nun ohne Gegenstimme bei drei Enthaltungen eine ernsthafte und rasche Prüfung einer berufsbezogenen Impfpflicht in Bereichen, in denen besonders vulnerable Menschen versorgt werden", teilte das Gremium am Donnerstag mit.
Der Ethikrat nannte konkret Menschen, die schwer oder chronisch Kranke sowie hochbetagte Menschen versorgen - "wie ärztliches und pflegendes Personal, aber auch Mitarbeitende des Sozialdienstes, der Alltagsbegleitung oder der Hauswirtschaft". Diese trügen "eine besondere Verantwortung dafür, die ihnen Anvertrauten nicht zu schädigen". "Gleiches gilt für Institutionen und Einrichtungen, die dafür verantwortlich sind, die dort versorgten Menschen keinen vermeidbaren gesundheitlichen Gefahren auszusetzen."
Der Ethikrat empfehle der Bundesregierung, "unverzüglich eine hinreichend differenzierte gesetzliche Regelung für eine berufsbezogene Impfpflicht zu prüfen und gegebenenfalls eine praktikable und effektive Umsetzung vorzubereiten". Dabei müssten "vielfach diskutierte Sorgen um etwaige negative Konsequenzen einer solchen Maßnahme, etwa Berufsausstiege in den betroffenen Berufsgruppen", berücksichtigt werden. Diese seien aber "im Rahmen der Schutzpflichten gegenüber Menschen aus Hochrisikogruppen zu bewerten".
Das Gremium äußerte die Hoffnung, "dass bereits die Diskussion um die Einführung einer gesetzlichen Impfpflicht als ein Signal in den Institutionen wahrgenommen wird, zügig effektive, aufsuchende Impfkampagnen mit zielgruppenspezifischer Information und Aufklärung für die verschiedenen Berufsgruppen zu organisieren".
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Foto: Bloomicon / Shutterstock.com
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