27. Januar 2021 – Stefan Angele

Härtere Grenzkontrollen & kaum Flugverkehr

Harte Reisebeschränkungen gegen Virusmutationen

Leere Check-In-Schalter an Flughafen
Foto: Shutterstock

Angesichts der Risiken durch Mutationen des Coronavirus, denkt die Bundesregierung nach Informationen von "Bild" über weitere Einschränkungen im grenzüberschreitenden Verkehr nach. "Die Gefährdung, die von den zahlreichen Virus-Mutationen ausgeht, verlangt von uns, dass wir auch drastische Maßnahmen prüfen und in der Bundesregierung diskutieren", sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer zu "Bild". Auch Kanzlerin Merkel soll das Thema in einer internen Videoschalte mit Fraktionschefs der Union aus Bund und Ländern das Thema angesprochen haben. "Warum können wir die Reisen nicht verbieten?", soll die Regierungschefin laut "Bild" gefragt haben. Man müsse "den Flugverkehr so ausdünnen, dass man nirgendwo mehr hinkommt", sagte Merkel nach Angaben von Zuhörern der Schalte.

Noch ist nichts in Stein gemeißelt

Zu konkreten Planungen für neue Einreise-Regelungen wollte sich das Bundesinnenministerium am Dienstag (26.01.) zunächst nicht äußern. Unklar blieb daher, unter welchen Voraussetzungen härtere Maßnahmen beschlossen werden könnten. Dazu gehörten "deutlich schärfere Grenzkontrollen", besonders an den Grenzen zu Hochrisikogebieten, "aber auch die Reduzierung des Flugverkehrs nach Deutschland auf nahezu Null".

Schutz vor Virusmutationen

Laut "Bild" fügte er hinzu: "Die Menschen, die in Deutschland harte Einschränkungen akzeptieren, erwarten von uns, dass wir sie bestmöglich vor einer Explosion der Infektionszahlen schützen." Seehofer hatte im März 2020 zur Eindämmung der Pandemie vorübergehend an mehreren Grenzabschnitten stationäre Kontrollen angeordnet. Diese wurden am 15. Juni wieder beendet. Aktuell muss, wer aus Gebieten mit besonders hohen Infektionszahlen oder aus einem sogenannten Corona-Mutationsgebiet nach Deutschland reisen will, einen negativen Corona-Test vorweisen.

Mutationen oft aus dem Ausland eingeschleppt

Der Virologe Christian Drosten sagte am Dienstagabend (26.01.) in den ARD-"Tagesthemen" aus wissenschaftlicher Sicht wäre eine Einschränkung des touristischen Flugverkehrs sinnvoll. "Je mehr wir bremsen, desto wichtiger wird das, was von außen eingeschleppt wird", erklärte er. "Wenn wir sehr viel Infektionstätigkeit im eigenen Land haben, macht das bisschen, was von außen kommt, nichts mehr aus. Wenn wir aber schon ein großes Stück dieses Weges gegangen sind, dann muss man natürlich auf das achten, was von außen kommt." Nun gebe es den Eindruck, dass Mutationen von außen eingeschleppt werden.

Beispiel Israel

In Israel ist die britische Coronavirus-Mutation für einen großen Teil der Neuinfektionen verantwortlich. Um das Einschleppen weiterer Mutationen zu verhindern, hat die Regierung entschieden, den internationalen Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv vorerst bis Monatsende nahezu komplett zu schließen. Ausnahmen gelten in nur wenigen Fällen, etwa bei Frachttransporten oder Flügen zu medizinischen Behandlungen. Der internationale Luftverkehr läuft in
Israel fast ausschließlich über den Ben-Gurion-Flughafen. In Deutschland gibt es bisher keine staatlichen Eingriffe in den Flugverkehr. Der grenzüberschreitende Reiseverkehr ist aber durch Testpflichten und Quarantäneregeln für Einreisende aus Corona-Risikogebieten eingeschränkt. Als Risikogebiete in drei Kategorien sind inzwischen mehr als 150 von 200 Ländern weltweit ausgewiesen.

Opposition und Wirtschaft läuft Sturm

Aus den Reihen der Opposition und von der deutschen Wirtschaft wird der Plan der Bundesregierung kategorisch abgelehnt. "«Reisen finden de facto kaum noch statt. Dies sollte auch die Bundesregierung zur Kenntnis nehmen", teilte der Deutsche Reiseverband mit. Schon jetzt seien touristische Trips durch staatliche Entscheidungen fast vollständig zum Erliegen gekommen, auch der Geschäftsreisesektor liege völlig am Boden. "Wir brauchen daher keine weitere Stigmatisierung des Reisens, sondern eine sachliche Debatte", mahnte der Verband. Die Bundesregierung sollte ihre Aufmerksamkeit vor allem auf die Impfstrategie ausrichten, die im internationalen Vergleich dramatische Defizite aufweise. Auch FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki hat vor einer drastischen Einschränkung des Reiseverkehrs gewarnt. "Es helfen in der aktuellen Situation keine Flug- oder Reiseverbote, zumal ohnehin jeder Tests durchlaufen muss, sondern deutlich schnelleres Impfen", sagte Kubicki den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Das ist der verlässlichste und einzige Weg aus dieser Pandemie." Diese Bundesregierung verschleiere ihr Versagen und ersetze wirkliche Lösungen durch Symbolpolitik, meinte Kubicki.

Alle Infos zur Coronakrise

Alle weiteren Entwicklungen zur Coronakrise hört ihr immer auch bei uns im Programm, den Nachrichten um Halb und Voll oder im Nachrichtenpodcast zum Nachhören. Alternativ schaut ihr mal in unserem Online-Liveticker vorbei, um keine News mehr zu verpassen.

undefined
Radio Hamburg Live
Audiothek