04. Dezember 2025 – Mira Oetinger

Inklusive Expertentipp

Neu im Kino: Das sind die Neuheiten der Woche

In der neuen Kinowoche feiert der wohl schlimmste Chef Deutschland sein Comeback: Stromberg ist wieder da. Außerdem nimmt der Film "Eternity" die Zuschauer mit ins Jenseits, das nicht ansatzweise so entspannt ist, wie man vielleicht denkt und mit "Sentimental Value" läuft ein neuer potenzieller Oscar-Kandidat im Kino an.

Stromberg Cast 2025
Der Stromberg-Cast bei der Kino-Premiere im Zoo Palast in Berlin I Foto: picture alliance / Eventpress | Eventpress Kochan

In "Sentimental Value" erzählt der Norweger Joachim Trier ein vielschichtiges Familiendrama. Der Cannes-Favorit mit Renate Reinsve ist auch schon für die Oscars im Gespräch. Außerdem gerät Hollywood-Star Elizabeth Olsen in "Eternity" zwischen Miles Teller und Callum Turner in ein himmlisches Liebesdreieck, das ihr Jenseits völlig auf den Kopf stellt.

Im Endspurt zum Jahreswechsel feiert eine ganz besondere Figur sein Comeback auf der Leinwand: Stromberg, der Chef aus der Hölle, ist zurück - nach über zehn Jahren. Und die Frage lautet: Passt so einer noch in die Gegenwart? Der neue Film lässt ihn leiden und sagt: Nein. Und vielleicht doch.

Stromberg - Wieder alles wie immer

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04.12.2025
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Wie ist es, wenn man ein Monster erschaffen hat? Die Frage stellt sich nicht nur gerade mal wieder Victor Frankenstein in der x-ten Verfilmung des gleichnamigen Schauer-Romans (nun bei Netflix), sondern neuerdings auch Bernd Stromberg. Nur dass sein Monster kein baumhohes, zusammengeflicktes Wunderwerk der Wissenschaft ist - sondern eine Gruppe von Leuten mit stümperhaft aufgeklebten Halbglatzen. Stromberg-Imitatoren, die wie er einst ungeniert homophobe Sprüche rausdonnern, als sei noch 1980.

Das Erstaunliche im Film "Stromberg - Wieder alles wie immer" ist: Stromberg, früher unerschütterlich in seiner Ignoranz, scheint Stromberg im Jahr 2025 ein wenig unangenehm zu sein. "So, jetzt ist mal Feierabend!", ruft er, als seine Nachahmer mal wieder im provokanten Stromberg-Duktus herumplappern.

Die Fortsetzung der Stromberg-Saga, die am Donnerstag (4. Dezember) in die Kinos kommt, ist ein ebenso mit Spannung erwarteter wie überraschender Film. Sie führt fort, was in der gleichnamigen Fernsehserie (2004 bis 2012, ProSieben) und in einem Kinofilm (2014) zu sehen war. Aber ein bremsender Stromberg? Das galt ungefähr als so wahrscheinlich wie ein gut gelaunter Darth Vader.

Fans dürften die Komödie daher ähnlich kontrovers diskutieren wie Star-Wars-Fans einen Film ohne Lichtschwert. Sie hebt sich deutlich vom Dagewesenen ab. Alle anderen bekommen immerhin eine Art Abhandlung zur Frage, woher der gesellschaftliche Wind wohl gerade weht. Work-Life-Balance, Cancel-Culture-Diskussionen, MeToo - an Debatten-Sprengstoff fehlt es in dem Film nicht. Man kann sagen: War Bernd Stromberg früher schon aus der Zeit gefallen, wird er nun von der Zeit überrollt.

Was ist die Ausgangslage? Der Film spielt im Hier und Jetzt, also etwa zehn Jahre nach dem Ende des bisherigen Stromberg-Kanons. Die Prämisse: Bernd Stromberg war einst wirklich Chef und Hauptprotagonist einer TV-Doku (in diesem Stil wurde der Stoff bislang immer erzählt) über eine Chaos-Abteilung bei einer Versicherung. Die Doku gibt es nicht mehr und Stromberg ist ein in Vergessenheit geratenes Faktotum. Bis das Fernsehen eine Revival-Show («Stromberg - Das Wiedersehen») produzieren will. Bereits da ist der Film auf der Meta-Ebene der Meta-Ebene angekommen.

Kann man so einen Typen heute noch senden?

Alle sind also wieder da, nur älter geworden. Berthold "Ernie" Heisterkamp (Bjarne Mädel) - einst Mobbing-Opfer, nun Lifecoach und optisch irritierend an Gérard Depardieu erinnernd. Tanja und Ulf (Diana Staehly und Oliver Wnuk), mittlerweile 16 Jahre verheiratet, also ungefähr 15 Jahre länger, als man - vor allem wegen Ulf - getippt hätte. Jennifer Schirrmann (Milena Dreissig) - früher Strombergs Objekt der Begierde, neuerdings mit einem Influencer zusammen. Und eben der ewig opportunistische und egozentrische Bernd Stromberg (Christoph Maria Herbst).

Schnell stellt sich die Frage, ob man jemanden wie das alte Büro-Ekel mit seinen Sentenzen ("Probleme sind wie Brüste, wenn du sie anfasst, macht es am meisten Spaß") noch vor eine Kamera lassen darf. Plakativ wird dieser Konflikt vor dem Studio ausgetragen, zwischen Anti-Stromberg-Demonstranten und seinen kostümierten Fans, ihn als Kultfigur verehren.

Die große Frage: Canceln oder feiern?

Das Erstaunliche ist, dass Stromberg aus Angst vor dem Bedeutungsverlust versucht, sich geläutert zu geben, und in einen ungewohnten Modus des Herumdrucksens verfällt. Statt wie einst im Stil einer losen Kanone rassistische und sexistische Sprüche abzufeuern, bleiben nur noch Fragmente. "Kann ein Schwarzer in einem Sonnenstudio arbeiten? Ja, über so eine Frage haben Sie sich ja früher überhaupt keinen Gedanken gemacht", sagt er in einer Szene. "Heute würde ich sagen:...". Dann kommt nur ein nuscheliges Stottern.

Stromberg-Schöpfer Ralf Husmann spielt bewusst mit der Erwartungshaltung des Publikums. Denn man konnte sich natürlich fragen, ob Stromberg - obwohl schon immer klar als Kunstfigur markiert - heute im Kino noch Witze reißen kann wie früher. Oder womöglich gerade wieder, weil mittlerweile jemand, der mitunter wie eine Kunstfigur wirkt, im Weißen Haus das Sagen hat.

Manche Zeilen hören sich dementsprechend an wie ein Beipackzettel für Comedy im Jahr 2025. "Bei Humor kommt's doch auch immer auf den Zusammenhang an", sagt Stromberg an einer Stelle (wobei er in Stromberg-Manier nachschiebt: "Du zeigst doch auch keine Stummfilme im Blindenheim.") Zugleich wird er zur gebrochenen Figur. Man sollte nicht zu viel verraten, aber es öffnet sich für ihn ein echter Abgrund.

Die neue Verletzlichkeit des alten Kotzbrockens

Herbst spielt Stromberg bravourös – noch souveräner als früher. Und ja: Er weiß, wie riskant es war, den Chef aus der Hölle mehr als zehn Jahre lang wegzusperren. "Es gibt nicht wenige Leute, da passiert nach so einer Rolle gar nichts und dann sind sie schon nach ein oder zwei Jahren zurück mit ihrem Erfolgsformat", sagt er der Deutschen Presse-Agentur. "Ich hatte aber keinen Bock, ein Professor Brinkmann ohne Kittel zu werden." Die Stromberg-Losigkeit habe ihm sehr gutgetan.

Fans dürften das Tragische in der Figur Stromberg, das in diesem Film bis auf die Knochen freigelegt wird, womöglich irritieren. Die Antwort, die der Film gibt, scheint erst einmal zu sein, dass Männer wie er der Vergangenheit angehören.

Wäre da nicht das Ende. "Wenn keiner mehr Chef ist, dann sind wir alle bloß Angestellte. Und das kann theoretisch funktionieren", sagt Stromberg ganz zum Schluss. "Aber theoretisch hat auch die DDR funktioniert."

Zumindest Hauptdarsteller Herbst hat einen Fortgang der Saga nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

Eternity

Was für eine spannende Vorstellung: Man stirbt und kann sich nach dem Tod für eine wunderbare Ewigkeit entscheiden. Für immer am Meer leben, in den Bergen entspannen oder endlos auf einer Jacht cruisen? Es könnte für Joan ("Marvel"-Star Elizabeth Olsen), die im hohen Alter an Krebs gestorben ist, noch so erholsam sein.

Doch in der Verteilstation im Jenseits trifft sie nicht nur ihren ebenfalls kürzlich verstorbenen Ehemann Larry (Miles Teller, "Whiplash", "The Gorge"), mit dem sie 65 Jahre glücklich verheiratet war. Es taucht auch noch ihre erste große Liebe Luke (Callum Turner, "Phantastische Tierwesen") auf.

Fürsorglicher Ehemann vs. heißblütige erste große Liebe

Ihr erster Ehemann Luke war 67 Jahre zuvor im Krieg gefallen und hat - wie romantisch - jahrzehntelang als Barkeeper in der Verteilstation auf die Ankunft seiner großen Liebe gewartet. Und damit steckt Joan in einem Dilemma. Mit wem soll sie ihre Ewigkeit verbringen?

Angeleitet und beeinflusst von den persönlichen Jenseits-Koordinatoren Anna und Ryan (sehr witzig: Da’Vine Joy Randolph und John Early) versuchen Luke und Larry für sich zu werben. Und Joan darf - ausnahmsweise - die Ewigkeit mal mit dem einen und mal mit dem anderen ausprobieren. Leichter wird die Entscheidung deshalb nicht.

"Eternity" von David Freyne geht Gedanken nach, die wohl jeder schon hatte, der einer verflossenen Liebe nachgetrauert hat. Wie wäre wohl das Leben mit dem- oder derjenigen gewesen? Wenn man noch mal neu entscheiden dürfte, welchen Weg würde man dann gehen? Oder hat sich am Ende die Erinnerung an etwas Schönes nur zu einem riesigen Wunschtraum aufgeblasen, der den Realitycheck gar nicht überstehen würde?

Kniebeuge ohne Schmerzen und Ewigkeiten zum Schmunzeln

In "Eternity" landen die Seelen der Verstorbenen als die Version von sich selbst im Jenseits, in der sie am glücklichsten waren. Dementsprechend jung und gut aussehend ist das Trio. Witzig ist, wenn die eigentlich ja im hohen Alter gestorbenen Eheleute sich wie Kinder darüber freuen, dass auf einmal Kniebeuge und Hüftkreisen wieder schmerzfrei möglich sind.

Elizabeth Olsen spielt den emotional überwältigenden Konflikt durchaus eindringlich, wobei das nach einer längeren Zeit der Hysterie dann doch auch überzogen komisch wirkt. Miles Teller nimmt man den fürsorglichen, wenig aufregenden und doch wunderbaren Ehemann genauso gut ab wie Callum Turner den heißblütigen und romantischen Liebhaber. Die Chemie zwischen dem Trio passt.

Besonders unterhaltsam ist die riesige Auswahl an Zwischenwelten, die zudem auch von den Verkäufern wie auf einer großen Messe beworben werden. Da blättern Kinder im Prospekt der Cowboy-Welt, es gibt kostenlosen Wein in rauen Mengen am Stand der Jacht-Welten, die Weimar-Welt wirbt mit "100 Prozent weniger Nazis!" und es gibt Menschen, die aus der Museums-Welt flüchten wollen, weil sie die vielen langweiligen Kunstwerke in Dauerschleife nicht mehr ertragen.

Witzig und unterhaltsam mit vielen Wendungen

Am Ende bringt "Eternity" noch überraschend viel Dramatik und Wendungen auf die große Leinwand. Der Film im farbenfrohen Stil der 50er Jahre ist sowohl witzig, romantisch und unterhaltsam als auch durchaus ernsthaft. Er stellt die Frage, wie perfekt ein Leben eigentlich sein kann und was glücklich macht. Er ist ein Plädoyer dafür, dass das große Glück wahrlich nicht immer perfekt sein muss.

Sentimental Value

Nur wenige Filmemacher können zwischenmenschliche Gefühle in so zarten Bildern einfangen wie Joachim Trier. Manche bezeichnen den Norweger deswegen als eine moderne Version des Kultregisseurs Ingmar Bergman, dessen Filme sich - wie Triers - durch eine besondere emotionale Tiefe auszeichnen.

Trier ist seit seinem Drama "Der schlimmste Mensch der Welt" mit Renate Reinsve aktuell einer der gefragtesten Regisseure des Arthouse-Kinos. Als sein neues Werk "Sentimental Value" in Cannes Premiere feierte, waren sich viele sicher, das Familiendrama gewinne die Goldene Palme.

Trier bekam am Ende die zweitwichtigste Auszeichnung, den Großen Preis der Jury. Der Film bleibt mit seiner großen Schauspielkunst und einer besonderen Bildsprache im Gedächtnis.

Darum geht es

"Sentimental Value" hat eigentlich eine simple Geschichte. Ein Vater (Stellan Skarsgård) hat sich von seiner Tochter entfremdet und versucht, sich ihr nach dem Tod ihrer Mutter wieder anzunähern. Gustav arbeitet als Regisseur, seine Tochter Nora (Reinsve) ist Theaterschauspielerin und soll in seinem Comeback-Film mitspielen.

Nora nimmt ihm übel, dass er als Kind nicht für sie da war, und lehnt die Filmrolle ab. Generell hat sie Probleme, Nähe zuzulassen und leidet unter depressiven Episoden. Nur zu ihrer Schwester (Inga Ibsdotter Lilleaas) hat sie ein enges Verhältnis.

Schließlich übernimmt eine amerikanische Schauspielerin (Elle Fanning) die Filmrolle, was neue Spannungen innerhalb der Familie auslöst. Zentrum des Geschehens ist das Haus der Familie, es bildet den Erzählrahmen.

Das ist das Besondere an "Sentimental Value"

Trier nutzt dieses Haus nicht als bloße Kulisse, sondern als Raum, in dem Beziehungen sichtbar werden. Die Kamera setzt Wände und Türrahmen so ein, dass Nähe und Distanz räumlich nachvollziehbar werden.

Häufig rückt Trier zudem mit der Kamera dicht an die Gesichter seiner Figuren und macht dadurch feinste Regungen sichtbar. Ein Mittel, das die emotionale Tiefe des Films unterstreicht. Erzählt wird von Familienstrukturen. Welcher Halt, welche Verletzungen aber auch darin liegen können. Gleichzeitig geht es ums Künstlerdasein.

Das alles wird melancholisch, aber auch mit Humor erzählt. An einer Stelle schenkt Gustav seinem kleinen Enkel zum Kindergeburtstag Michael Hanekes morbides Psychodrama "Die Klavierspielerin" auf DVD und sagt: "Dieser Film wird dir die Frauen und die Beziehungen zu ihren Müttern erklären".

Für welches Publikum ist der Film?

Trotz der ein oder anderen Anspielung, die vor allem Cineasten freuen dürfte, ist "Sentimental Value" ein Film, der einem breiten Publikum gefallen kann. Es geht im Prinzip - wie schon im "Schlimmsten Mensch der Welt" - um Liebe, Verlust, Angst, eigentlich um das ganze Leben.

Davon erzählt Trier auf so feine Weise, dass es den einen oder die andere bei den Filmfestspielen im Mai zu Tränen rührte. Eine Oscar-Nominierung mindestens in der Kategorie "Bester internationaler Film" gilt als wahrscheinlich.

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(Quelle: dpa)

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