09. Oktober 2025 – Mira Oetinger
Inklusive Empfehlung
Neu im Kino und Streaming: Das sind die Neuheiten der Woche
In dieser Woche wird mit "Tron: Ares" bereits der dritte Teil der Legacy in den deutschen Kinos anlaufen. Mit mehr Erfolg als seine Vorgänger? Außerdem bringt das neuste Werk von Fatih Akin die Kinozuschauer zurück ins Jahr 1945 und zeigt unverblümt das Leben einer Familie während des zweiten Weltkriegs, der gerade sein Ende findet.
Foto: Eros Hoagland/Netflix
In der neuen Kinowoche werden wieder alle möglichen Genres abgedeckt - keine Ausreden also, nicht ins Kino zu gehen. Inhaltlich besonders schwer wiegt vermutlich das Kriegsdrama von Fatih Akin, das am 09. Oktober in den deutschen Kinos anläuft. Wer lieber Action und Sci-Fi guckt, kommt bei Tron: Ares mit dem Schauspieler Jared Leto auf seine Kosten, gelacht werden kann bei der deutschen Komödie "Zweistelle" und "A House of Dynamite" zeigt mit dem dystrophischen Katastrophenstreifen einen Atomangriff auf die USA. Für alle. die lieber auf der hauseigenen Couch bleiben wollen, gibt es die neue Dokuserie "Victoria Beckham" neu auf Netflix. Unser Serien- und Filminsider Christian Aust hat hier schon mal einen Blick reingeworfen.
Victoria Beckham
09.10.2025
Jetzt anhören: Die Streaming-Neuheit der Woche von Christian Aust
Tron: Ares
Der Science-Fiction-Klassiker "Tron" war seiner Zeit weit voraus, als er 1982 in die Kinos kam. Der Disney-Film beeindruckte damals mit bahnbrechenden visuellen Effekten, blieb an den Kinokassen jedoch hinter den hohen Erwartungen. Auch die Fortsetzung "Tron: Legacy" von 2010 war kein Kassenschlager. Trotzdem genießen beide Filme Kultstatus. Nun startet der dritte Teil. Kann "Tron: Ares" im Jahr 2025 noch etwas Neues bieten?
"Es fühlt sich an, als hätten wir die Zukunft der Science-Fiction in gewisser Weise in Echtzeit eingeholt", sagt Gillian Anderson im Interview der Deutschen Presse-Agentur in London. Die 57-Jährige spielt Elisabeth Dillinger, die Tochter von Bösewicht Ed Dillinger aus dem ersten "Tron"-Film. "Vieles, was im Film vorkommt, existiert noch nicht. Aber es geht um Waffen auf Militärniveau – und genau das scheint die Zukunft für uns bereitzuhalten. Das ist der beängstigende Teil der Künstlichen Intelligenz."
Aus dem Computer in die reale Welt
Heimcomputer waren noch eine Seltenheit, als Jeff Bridges in "Tron" als Videospiele-Programmierer Flynn in einen Computer hineingezogen wurde und sich dann in einer digitalen Welt gegen feindselige Programme - und künstliche Intelligenz - behaupten musste. 43 Jahre später verlassen die Programme in "Tron: Ares" den Computer und werden zur Bedrohung für die reale Welt.
Julian Dillinger (Evan Peters), Enkel von Ed Dillinger, hat mit seiner Firma Kriegsgeräte und Soldaten mit künstlicher Intelligenz entwickelt, die innerhalb weniger Minuten - quasi per 3D-Drucker - zur Verfügung stehen. Allerdings mit kurzer Lebensdauer. Im Gegensatz zu seiner Mutter Elisabeth ("Akte X" Anderson), kennt Julian kaum Skrupel.
Dillingers Konkurrentin Eve Kim (Greta Lee), die inzwischen Flynns einstige Firma leitet, arbeitet an etwas Ähnlichem, allerdings aus altruistischen Motiven. Als Eve endlich die Formel findet, mit der aus dem Computer generierte Dinge - etwa Obstbäume - dauerhaft existieren können, greift Dillinger zu extremen Mitteln. Er schickt seine KI-Soldaten Ares (Jared Leto) und Athena (Jodie Turner-Smith) auf die Jagd, um Greta die Formel abzunehmen. Doch Ares lässt sich bald nicht mehr von Dillinger kontrollieren.
Lichtrenner jagen durch Vancouver
Nachdem es in den vorherigen zwei Filmen um das Innere des Computers ging, kehrt "Tron: Ares" das Konzept teilweise um. "Es geht im Kern darum, wie digitale Elemente in unsere Welt gelangen", sagt Produzent Justin Springer, der mit Co-Produzent Sean Bailey auch "Tron: Legacy" produzierte. "Deshalb ging es uns auch darum, das möglichst praktisch umzusetzen – draußen auf der Straße zu drehen, echte Light Cycles zu bauen und das Ganze für das Publikum so real wie möglich wirken zu lassen."
Die Light Cycles - oder Lichtrenner - sind die ikonischen digitalen Motorräder, die in den 80er Jahren Basis für einen eigenen Videospiele-Hit waren. In "Tron: Ares" liefern sie sich nun erstmals ein Rennen auf echten Straßen. Die spektakulären Szenen zählen zu den Höhepunkten des visuell beeindruckenden Films von Regisseur Joachim Rønning ("Pirates of the Caribbean: Salazars Rache"). Gedreht wurde im kanadischen Vancouver und in riesigen speziell angefertigten Hallen.
Nostalgie und ein perfekter Soundtrack
Für Fans hat "Tron: Ares" reichlich Nostalgisches zu bieten. Ein echter Clou und genau genommen viel zu kurz geraten ist der Auftritt von Jeff Bridges - in einem Computer von 1982, wo alles so aussieht wie im ersten "Tron". Darüber hinaus werden aufmerksame Zuschauer wieder einige Easter Eggs und subtile Gags entdecken.
Die Musik ist bei "Tron" seit 1982 besonders wichtig. Im Originalfilm lieferte Klang-Pionierin Wendy Carlos den genialen futuristischen Soundtrack mit ungewöhnlichen Synthesizer-Klängen. Sie gilt übrigens auch als erste offen trans lebende Komponistin in der Musikindustrie. Bei "Tron: Legacy" schufen Daft Punk eine tanzbare Klangkulisse, die für sich allein Kultstatus hat. Man denke nur an den Track "Derezzed".
Für "Tron: Ares" liefern Nine Inch Nails den düsteren Sound. Trent Reznor und Atticus Ross haben in den letzten 15 Jahren zahlreiche hochklassige Filmsoundtracks produziert - und für Disney's "Soul" einen Oscar und einen Golden Globe erhalten. "Tron: Ares" ist viel mehr als nur Begleitmusik. Die wuchtige Mischung aus Elektro, Industrial und Orchester passt perfekt zu den Bildern.
Ein Spektakel für die größte Leinwand
Der zuletzt von vielen Negativschlagzeilen verfolgte Oscar-Gewinner Jared Leto ("Dallas Buyers Club") überzeugt als Ares, genauso wie Anderson und Peters als ungleiches Dillinger-Familienduo. Doch die vielseitige Britin Jodie Turner-Smith ("The Agency") ist der heimliche Star des Films und stiehlt als unerbittliche Athena ihren Co-Stars die Show.
Der dritte Teil der "Tron"-Saga ist eine würdige Fortsetzung, ein unterhaltsamer Kino-Blockbuster für Augen und Ohren, den man am besten auf der größten Leinwand erlebt - idealerweise in einem Imax-Kino. Dass "Tron: Ares" ein breites Publikum anlockt und im Gegensatz zu den Vorgängern ein Kassenschlager wird, darf man dennoch bezweifeln. Es ist doch in erster Linie ein Film für Fans.
Amrum
Eine deutsche Kriegsgeschichte, sie spielt im Jahr 1945 auf einer kleinen Nordseeinsel: Mit "Amrum" betritt Fatih Akin ein Terrain, das zunächst weit entfernt wirkt von seinen bisherigen Arbeiten. Im Fokus steht ein Kind von Nazi-Eltern. Es geht um Fragen von Herkunft, Zugehörigkeit und Identität.
Themen, die der Hamburger normalerweise von den Rändern der deutschen Gesellschaft aus beleuchtet und dabei Opfer oder verdrängte Stimmen in den Blick nimmt. Er habe, sagte Akin nach der Premiere bei den Filmfestspielen Cannes, erst nicht geglaubt, der Richtige für diesen Film zu sein. Er hatte das Projekt von seinem Mentor und Freund Hark Bohm (86) übernommen, der aus gesundheitlichen Gründen als Regisseur ausschied.
Deutschland 1945 zeigen - ohne Nostalgie und Kitsch
"Ich als Migrationskind der 70er-, 80er-, 90er-Jahre, aus der Großstadt", sagte Akin im Interview. "Das ist natürlich für mich schon eine sehr andere Welt und ein sehr anderes Genre, Deutschland 1945. Und das ohne Nostalgie, Verklärung, Kitsch und Klischees zu erzählen und präzise zu sein. Das war für mich die größte Herausforderung."
"Amrum" basiert auf den Kindheitserinnerungen Bohms, die Geschichte ist auch als Buch erschienen. Bei aller Distanz, die Akin als Sohn türkischer Migranten zu einer Geschichte über ein Kind deutscher Nationalsozialisten gehabt haben dürfte, ist daraus trotzdem ein gelungener Film geworden. Viele deutsche Stars sind in Nebenrollen zu sehen, darunter Diane Kruger und Detlev Buck.
Akin erzählt auf berührende Weise von einem Jungen (Jasper Billerbeck), der versucht, sich durch den harten Kriegsalltag zu navigieren und der dabei seine kindliche Unschuld verliert. Gerahmt ist das von beeindruckenden Landschaftsaufnahmen der Nordsee-Insel Amrum. Tatsächlich sieht das Publikum für Akin ungewohnte Bilder - die Weite des Watts, Nahaufnahmen von diversen Tieren, fliegende Wildgänse, einen glitzernden Sternenhimmel.
"Dreh mal mit Ebbe und Flut. Da lernst du richtige Demut"
Die Dreharbeiten auf Amrum waren besonders. "Dreh mal mit Ebbe und Flut. Da lernst du noch mal eine richtige Demut", beschreibt es Akin. Im Zentrum steht der zwölfjährige Nanning, der mit seiner Mutter (Laura Tonke) die letzten Tage des Zweiten Weltkriegs auf Amrum erlebt. Seine Eltern sind überzeugte Nationalsozialisten. Die Familie, die eigentlich in Hamburg lebte, zog während des Kriegs auf die Nordsee-Insel. Dort bleibt Nanning ein Außenseiter. Von einem Mitschüler muss er sich anhören, "kein achter Amrumer" zu sein.
"Hark hat immer daran geglaubt, dass ich richtig wäre dafür - wovon ich selbst gar nicht überzeugt war", sagte Akin. "Er sagte: 'Doch, du kennst das und du weißt, was das bedeutet: Weil deine Eltern die Heimat verlassen haben.' Ich habe mir zuerst gedacht: 'Was labert der denn da?' - bis mir aufgefallen ist: 'Nein, er hat recht.'"
Der Film habe ihn über seine Identität als Deutscher nachdenken lassen. "Goethe hat gesagt: Wo die Bildung ist, da ist das Vaterland. Und der Dude hat recht. Ich habe Lesen und Schreiben auf Deutsch gelernt, nicht auf Türkisch. Ich habe meine ersten Filme auf Deutsch gesehen, ich war in einer deutschen Filmhochschule. Das ist kein Teil meiner DNA - denn die liegt irgendwo im Kaukasus und Ägypten und Kreta -, aber Teil meiner Seele."
Nachdenken über deutsche Verantwortung
Deutsch sein beschäftigt den Filmemacher auf vielen Ebenen. Es gibt eine zentrale Sequenz im Film, in der Nanning auf seinen Onkel (Matthias Schweighöfer) trifft, der vor den Nazis geflohen ist. "Du bist nicht schuld, aber du hast dennoch damit zu tun", sagt dieser zu ihm in Bezug auf das Nazi-Erbe.
Dieser Satz beeinflusse die deutsche Politik bis heute, sagt Akin. "Unser Verlangen nach Absolution beeinflusst unsere Außenpolitik zu Israel auf fatale Weise. Ich denke, das sind nicht die richtigen Lehren, die aus der Geschichte gezogen wurden."
Wie sich politische Schuld im Kleinen auswirkt, zeigt Akin am Schicksal von Nannings Familie. Während sein Vater nach Kriegsende in Gefangenschaft ist, gerät die Mutter (Laura Tonke), die gerade ein Kind bekommen hat, über die deutsche Kapitulation und den Tod Adolf Hitlers in eine Depression. Sie verschanzt sich im Bett und nimmt keine Nahrung mehr zu sich. Ihr Neugeborenes lässt sie schreien ("Stärkt die Lungen").
Warum "Amrum" doch zu Fatih Akin passt
Das Einzige, was sie essen würde, wäre ein Weißbrot mit Honig, sagt sie. Zutaten, die nach dem Krieg auf Amrum nahezu unmöglich zu bekommen sind. Nanning macht sich auf den Weg, sie trotzdem zu beschaffen. Und begibt sich dafür in ein Netz aus komplizierten Tauschhandeln und Tierjagden.
Die Zuschauer machen dabei gemeinsam mit Nanning brutale Erfahrungen. Einmal versucht er quälend langsam, ein panisch quietschendes Kaninchen totzuschlagen. Anschließend nimmt er es aus. Von einem Verwandten, den er nach langem Marsch durch das Watt erreicht, will er Butter bekommen. Doch den Verwandten, ebenfalls ein überzeugter Nazi, entdeckt er erschossen an seinem Schreibtisch.
Der Filmemacher scheut vor solchen Darstellungen nicht zurück. Er zeigt diese Härte nicht um ihrer selbst willen, sondern um zu verdeutlichen, wie Gewalt und Ideologie in das Leben eines Kindes hineinwirken. Bei genauerem Hinsehen passt "Amrum" damit am Ende doch ziemlich gut in Fatih Akins Gesamtwerk.
A House Of Dynamite
Es dürfte für viele ein gefürchtetes Szenario sein: Die USA sind einem nuklearen Angriff ausgesetzt. Der Regierung bleiben nur wenige Minuten, um auf eine nahende Atomrakete zu reagieren. Was tun? Damit setzt der neue Thriller von Oscar-Preisträgerin Kathryn Bigelow, "A House of Dynamite", ein.
Die 73-jährige US-Amerikanerin ist bekannt für politisch aufgeladene Thriller mit menschlicher Tiefe und intensiver Spannung. Dadurch zeichnet sich auch "A House of Dynamite" aus. Bei den Filmfestspielen Venedig, wo das Werk Premiere feierte, erhielt es sehr gute Kritiken.
Kommentar auf aktuelle US-Regierung?
Bigelow erzählt in dem Netflix-Film in Echtzeit aus verschiedenen Perspektiven von den letzten 20 Minuten, bevor die Rakete voraussichtlich in der Stadt Chicago einschlagen wird. Von wo die Kernwaffe kommt, ist unklar. Ob beim US-Präsidenten (Idris Elba), Generälen oder dem Verteidigungsminister: Überall herrscht erst einmal Zögern.
Niemand will die Entscheidung, was zu tun ist, unbedacht fällen. Vermutlich ist das ein Kommentar auf die aktuelle US-Regierung, die nicht unbedingt für ihre Umsicht bekannt ist. Der Film ist klar als Appell an eine nukleare Abrüstung zu verstehen.
Das sei ein globales Thema, sagte Bigelow in Venedig. Sie hoffe, die Atomwaffenbestände würden eines Tages reduziert. "Aber in der Zwischenzeit leben wir wirklich in einem Haus aus Dynamit, und deshalb war es mein Anliegen, diese Informationen zu verbreiten."
Filmmusik vom Deutschen Volker Bertelmann
Dreimal wird der Countdown bis zum Atomraketeneinschlag aus neuer Perspektive erzählt. Die für einen solchen Fall festgelegten Maßnahmen werden eingeleitet, bis hin zu "DEFCON 1", dem höchsten Alarmzustand im US-Verteidigungsbereitschaftssystem.
Der sorgsam recherchierte Film operiert mit vielen solchen Fachbegriffen und Details, ist präzise inszeniert und dabei alles andere als Actionkino. Bigelow inszeniert stattdessen ein spannendes Kammerspiel. In einer Hauptrolle ist Rebecca Ferguson ("Dune") als Captain im Situation Room des Weißen Hauses zu sehen. Elba als Präsident wird erst spät eingeführt, und auch sonst spielt Bigelow mit den Erwartungen der Zuschauer.
Die unheilvoll-dröhnende Filmmusik stammt im Übrigen vom deutschen Komponisten Volker Bertelmann, der für "Im Westen nichts Neues" einen Oscar gewann. Auch "A House of Dynamite" dürfte eine Rolle bei den kommenden Academy Awards spielen.
Zweigstelle
Reflection In A Dead Diamond
Gabby's Dollhouse: Der Film
Richtig viele 80er!
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(Quelle: mit dpa)