Martin Damaszek analysiert die Auswirkungen der Mehrwertsteuer-Debatte auf Hamburgs Restaurants und zeigt Wege zur Kostenoptimierung auf.
Die Unsicherheit sitzt mit am Tisch
Es ist Montagmorgen in Hamburg-Eimsbüttel. Ein Restaurantbesitzer hat seine Zahlen vor sich und versucht, die Speisekarte für die kommende Saison zu kalkulieren. Soll er die Preise erhöhen? Und falls ja, um wie viel? Die Antwort hängt wesentlich von einer Frage ab, die nicht er, sondern die Politik beantworten muss: Wird die Mehrwertsteuer für die Gastronomie gesenkt oder nicht?
„Während Berlin diskutiert, müssen Gastronomen heute Entscheidungen treffen", sagt Martin Damaszek, Mitbegründer der Future Payments GmbH. Der Finanzexperte arbeitet seit 20 Jahren mit Hamburger Restaurants, Cafés und Kiosken zusammen und kennt ihre Herausforderungen aus erster Hand. „Was ich sehe: Die Leute kämpfen neben steigenden Kosten ebenfalls mit fehlender Planungssicherheit." Diese Unbekannte ist mehr als ein bürokratisches Ärgernis. Sie kann ein wirtschaftliches Risiko bedeuten, denn eine falsche Kalkulation ist zwangsläufig mit dem Verlust von Gästen aufgrund zu hoher Preise oder dem Schreiben roter Zahlen aufgrund zu niedriger Margen gleichzusetzen.
Wie sich die Mehrwertsteuer-Debatte in der Gastronomie konkret auswirkt
Aktuell fakturieren Restaurants in Deutschland 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen, mithin den vollen Regelsteuersatz. Nur Getränke und bestimmte Grundnahrungsmittel fallen unter den reduzierten Satz von sieben Prozent. Während der Corona-Pandemie hatte die Bundesregierung den Steuersatz vorübergehend gesenkt, doch diese Erleichterung ist längst Geschichte.
Ein Rechenbeispiel macht die Dimension deutlich: Ein gastronomischer Betrieb mit einem Jahresbruttoumsatz von 500.000 Euro führt bei 19 Prozent Mehrwertsteuer fast 80.000 Euro ans Finanzamt ab. Bei einem reduzierten Satz von sieben Prozent wären es etwa 32.000 Euro. Die Differenz von knapp 50.000 Euro könnte in Personal, qualitativ höherstehende Zutaten oder dringend nötige Renovierungen fließen.
Tatsächlich sind die Gastronomen jedoch nicht nur von der Steuerhöhe betroffen, auch die gesamte Kostenstruktur macht ihnen deutlich zu schaffen. „Die Fixkosten sind enorm", erklärt Damaszek. „Miete, Personal, Energie, das sind die großen Brocken. Und in Hamburg kommt hinzu: Die Preise für gewerbliche Flächen sind extrem hoch, besonders in attraktiven Lagen wie der Schanze, der Innenstadt oder der HafenCity."
Ohne Mitarbeitende im Gaststättengewerbe geht nichts. Anders als im Einzelhandel lassen sich hier kaum Abläufe automatisieren. Die Lebensmittelpreise steigen kontinuierlich und die Energiekosten haben in den vergangenen Jahren Sprünge gemacht, die viele Betriebe an ihre Grenzen bringen.
Wie Hamburgs Gastronomen mit dem wirtschaftlichen Druck umgehen
Hamburg ist eine Stadt, die von ihrer Gastronomie lebt. Vom Fischbrötchen am Hafen bis zum Sternerestaurant in Eppendorf. Diese Vielfalt macht ein großes Stück der Lebensqualität in der Metropole aus.
Seit 2020 mussten zahlreiche Betriebe, die in diesem Sektor tätig waren, aufgeben. Faktisch liegen die durchschnittlichen Gewinnmargen oftmals unter fünf Prozent, einem Wert, der wenig Spielraum für Krisen lässt. Konkurse und Geschäftsaufgaben häufen sich zunehmend, und nicht immer liegt es an mangelnder Qualität oder fehlendem Engagement.
„Ich arbeite hauptsächlich mit Gastronomen in Hamburg zusammen", sagt Damaszek. „Was mir auffällt: Viele kämpfen mit Faktoren, die sie selbst kaum beeinflussen können. Die Miete ist das eine, häufig sind es die Nebenkosten, die unterschätzt werden."
Als Beispiel: Eine Hamburger Bank verlangt mittlerweile 10 Euro Grundgebühr plus 2,50 Euro pro Einzahlung für Bargeld. Sofern ein Restaurant innerhalb eines Monats 20 Mal die Einnahmen in Form von Banknoten und Hartgeld dorthin einzahlt, sind allein 250 Euro fällig, nur um das eigene Geld auf das Geschäftskonto zu transferieren. „Ein Kunde hat mir das mal vorgerechnet", erzählt Damaszek. „Er war fassungslos, was sich da übers Jahr aufsummiert."
Hinzu kommt der Wettbewerb. Die Hansestadt hat eine hohe Dichte an gastronomischen Betrieben. Zwar ist dieser Umstand für die Gäste großartig, stellt für die Betreiber allerdings eine Herausforderung dar. Die Balance zwischen Qualität, Preisen und Wirtschaftlichkeit zu halten, wird entsprechend immer schwieriger.
Wo Ausgaben geprüft werden sollten
Wenn die Politik keine Klarheit schafft, bleibt den Gastronomen nur eines: selbst aktiv zu werden und alle Kostenfaktoren auf den Prüfstand zu stellen.
Die größten Posten sind bekannt. So betragen die Personalkosten in der Regel 30 - 40 Prozent des Umsatzes, der Mietzins etwa 15 - 20 Prozent. Hinzu kommt der Wareneinsatz, überwiegend Lebensmittel und Getränke, der idealerweise bei 25 - 30 Prozent liegt. Energie, Versicherungen und Instandhaltung addieren sich auf.
Vielfach sind es gerade die kleineren, übersehenen Ausgaben, die sich summieren. „Gastronomen wissen oftmals gar nicht, wo überall Kosten entstehen", sagt Damaszek. „Das fängt beim Bargeldhandling an und hört bei automatischen Vertragsanpassungen auf." Ein weiteres Problem, das ihm bei seiner täglichen Arbeit immer wieder begegnet, sind versteckte Kosten in Verträgen. „Gerade jetzt, wo jeder Euro zählt, sollten Gastronomen alle Verträge auf den Prüfstand stellen – nicht nur bei Lieferanten, sondern überall", rät er. „Kleingedrucktes, automatische Preiserhöhungen, fehlende Vergleichbarkeit – das zieht sich durch viele Branchen." Zahlreichen Verträgen fehlt es an Transparenz. Was zunächst günstig erscheint, erweist sich bei genauer Prüfung oft als deutlich teurer. „Ich habe Fälle gesehen, wo Gastronomen mehr als das Fünffache von dem bezahlt haben, was sie gedacht hatten", berichtet Damaszek. „Nicht, weil sie dumm waren, sondern weil die Konditionen so komplex formuliert wurden, dass man sie kaum durchschauen konnte."
Wie digitale Zahlungssysteme den Restaurantbetrieb verändern
Die Corona-Pandemie hat einen Wandel beschleunigt, der sich nicht mehr zurückdrehen lässt: Kontaktloses Bezahlen ist Standard geworden. Für Gastronomen bedeutet das einerseits Erleichterung – kein Bargeldhandling, keine teuren Bankgänge, schnellere Abläufe an der Kasse. Andererseits entstehen neue Abhängigkeiten, und um im Wettbewerb bestehen zu können, ist es ein Muss, die Infrastruktur für dieses Zahlungsangebot vorzuhalten.
„Wenn um Mitternacht auf dem Kiez das EC-Gerät ausfällt, kostet das den Gastronomen sofort Umsatz", verdeutlicht Damaszek aus Erfahrung. „Ich bin auch schon um diese Zeit zu Diskotheken gefahren, um Geräte auszutauschen. Für uns ist klar: Wenn die Zahlung nicht funktioniert, verdienen weder wir noch der Kunde Geld."
Die Mitarbeiter in der Gastronomie sind keine IT-Experten. „Ich merke das gerade in diesem Bereich. Sie sind Profis in der Küche oder Bar, in der Buchhaltung wird es schon etwas kritischer. Aber wenn da noch Technik dazu kommt, wird es chaotisch", sagt Damaszek mit einem Schmunzeln, das gleichzeitig ernst gemeint ist. „In der Gastronomie herrscht oft Unsicherheit im Umgang mit digitaler Technik. Viele Betriebe verfügen über fundiertes Know-how im Service und in der Rechnungsführung. Bei technischen Problemen hingegen fehlen oftmals die erforderlichen Kenntnisse – und das kann im laufenden Betrieb kritisch werden."
Auf technischer Basis schreitet die Entwicklung stetig voran. Immer mehr Geräte basieren auf Android, es gibt All-in-One-Lösungen für Bestellung, Bezahlung und Kassenabrechnung. Und auf politischer Ebene wird diskutiert, ob ab 2026 jeder Händler verpflichtet werden soll, mindestens eine digitale Zahlungsmöglichkeit anzubieten. Martin Damaszek betont daher: „Technologie ist wichtig - keine Frage. Aber sie muss funktionieren. Gerade hier ist die Wahl eines zuverlässigen Zahlungspartners essentiell, um in schweren Zeiten noch mehr Umsatzeinbußen zu vermeiden.”
Warum Gastronomen jetzt alle Kosten analysieren sollten
Bis wann sich die Mehrwertsteuer-Debatte klären wird, ist offen. Diese Zeit können Gaststättenbetreiber nutzen, um ihre Kostenstruktur zu optimieren.
Damaszeks Empfehlung: „Analysiert alle laufenden Kosten. Wirklich alle. Prüft jeden Vertrag, den ihr habt. Vergleicht Angebote. Und vor allem: Fragt nach, wenn ihr etwas nicht versteht. Transparenz muss man einfordern."
Konkret bedeutet das: Mietverträge kontrollieren und gegebenenfalls nachverhandeln. Lieferantenkonditionen vergleichen. Energieverträge durchrechnen. Versicherungen auf Aktualität prüfen. Und ja, auch die Kosten für digitale Services, Abrechnungssysteme und Zahlungsdienstleister, unter die Lupe nehmen.
Wichtig ist auch, auf persönlichen Service zu achten. „Gerade in Krisenzeiten merkt man, wer wirklich für einen da ist", so Damaszek. „Wenn du einen Ansprechpartner hast, der erreichbar ist und nicht erst in zwei Wochen antwortet, ist das Gold wert. Das gilt für alle Dienstleister, mit denen man zusammenarbeitet."
Weshalb die Gastronomie jetzt klare Rahmenbedingungen braucht
Die Gastronomie benötigt Planungssicherheit bei der Mehrwertsteuer, nicht in einem Jahr, sondern jetzt. Doch während Bundestag und Bundesregierung über die Steuersenkung debattieren, stehen die Betreiber von Gaststätten vor unmittelbaren Entscheidungen. Eine gründliche Kostenanalyse hilft, Spielräume zu identifizieren. Transparente Verträge reduzieren versteckte Ausgaben. Verlässliche Partner machen einen Unterschied.
„Hamburg braucht seine Gastronomieszene", sagt Martin Damaszek zum Abschluss. „Sie ist Teil unserer Stadtkultur. Vom Imbiss auf dem Kiez bis zum Nobelrestaurant an der Elbe, diese Vielfalt müssen wir erhalten. Aber dafür brauchen Gastronomen faire Bedingungen. Und Transparenz. Von der Politik genauso wie von allen, mit denen sie zusammenarbeiten."
Die Mehrwertsteuer-Debatte wird weitergehen. Inhaber von gastronomischen Betrieben, die jetzt ihre Kostenstruktur analysieren und Verträge prüfen, verschaffen sich Handlungsspielraum, unabhängig davon, wie die Politik entscheidet.