04. Juni 2020 – Stefan Angele

Mehrwertsteuersenkungen, Familienhilfe, etc.

Deutschland will mit 130 Milliarden Euro schwerem Konjunkturpaket aus der Krise

Mehr Geld für Familien und Kommunen, Entlastungen beim Strompreis - und eine Senkung der Mehrwertsteuer: Mit einem riesigen Konjunkturpaket will die schwarz-rote Koalition die Wirtschaft in der Corona-Krise ankurbeln. Union und SPD streben außerdem einen "Modernisierungsschub" an und wollen Zukunftstechnologien etwa für mehr Klimaschutz fördern.

Mit "Wumms aus der Krise"

Das Konjunkturpaket soll für 2020 und 2021 einen Umfang von 130 Milliarden Euro haben. 120 Milliarden entfallen dabei auf den Bund, wie Kanzlerin Angela Merkel am Mittwochabend (03.06.) in Berlin sagte. Damit sollen Wirtschaft und Konsum der Bürger wieder angekurbelt werden. Infolge der Corona-Krise wird die bisher schwerste Rezession der deutschen Nachkriegsgeschichte erwartet. Merkel sprach von einem guten Ergebnis. Es gehe darum, die schwerste wirtschaftliche Krise in den Griff zu bekommen. Diese zeige sich an den mehr als sieben Millionen Kurzarbeitern. Das alles brauche eine mutige Antwort. Vizekanzler Olaf Scholz fasste es mit den Worten zusammen: "Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen."

Investitionen in die Zukunft

Fast die Hälfte der 130 Milliarden Euro für das Paket fließt nach den Worten von Forschungsministerin Anja Karliczek in Zukunftsbereiche wie die Wasserstoffwirtschaft, Quantentechnologien oder Künstliche Intelligenz. Nach den kurzfristigen Hilfen in der Corona-Krise - etwa durch Sonderkredit-Programme über die Staatsbank KfW - reichen die geplanten Konjunkturhilfen zum Teil weit über die derzeitige Legislaturperiode hinaus.

Neue Schulden notwendig

Zur Deckung der Ausgaben muss der Bund neue Schulden aufnehmen. Finanzminister Scholz sprach von einem Nachtragshaushalt, ohne den Umfang zu nennen. Dies führt nach den Worten von CSU-Chef Markus Söder keineswegs zu einer Überschuldung des Landes und auch nicht dazu, dass das Land handlungsunfähig oder die nächste Generation überlastet würde.

Die wichtigsten Punkte des Pakets

Mehrwertsteuersenkung

-Ein "Herzstück" des Paketes ist nach den Worten des CSU-Vorsitzenden Markus Söder eine Senkung der Mehrwertsteuer. Vom 1. Juli an bis zum 31. Dezember 2020 soll der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf 16 Prozent und für den ermäßigten Satz von 7 Prozent auf 5 Prozent gesenkt werden.

E-Auto-Prämien

Dagegen entschieden sich die Spitzen der großen Koalition gegen eine Kaufprämie für abgasarme Benziner und Dieselautos. Sie beschlossen allerdings deutlich höhere Prämien für Elektroautos. Vor allem die SPD hatte sich vehement gegen Prämien für Benziner und Diesel gestemmt. Söder aus dem Autobauerland Bayern sagte nun, mit der Senkung der Mehrwertsteuer für alle Motoren und Klassen und Preiskategorien könnten nicht nur die Hersteller, sondern auch die Gewerkschaften gut leben.

Entlastung bei Stromkosten

Bei den Stromkosten sollen die Bürger entlastet werden. Dafür soll die EEG-Umlage zur Förderung von Ökostrom-Anlagen ab 2021 über Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt abgesenkt werden.

Kinderbonus für Familien

Die Spitzen von Union und SPD einigten sich auch auf einen Kinderbonus von einmalig 300 Euro pro Kind, der mit dem Kindergeld ausgezahlt werden soll. Zudem sollen die Kitas weiter ausgebaut werden.

Kommunen bekommen finanzielle Hilfen

Die finanziell schwer getroffenen Kommunen bekommen ebenfalls Milliardenhilfen vom Bund. Damit sollen Ausfälle bei den Gewerbesteuereinnahmen für 2020 und 2021 von Bund und Ländern zusammen ausgeglichen werden. Walter-Borjans sagte, die enorme Entlastung werde die Kommunen investitionsfähig machen. Zudem will der Bund weitere Kosten für Unterkünfte übernehmen.

Bahn bekommt Milliardenhilfe

Die Bahn soll vom Bund wegen Einnahmeausfällen in der Corona-Krise Milliarden-Hilfen bekommen. Demnach sollen zur Aufstockung des Eigenkapitals weitere fünf Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Geplant sind außerdem Hilfen von 2,5 Milliarden Euro für den Öffentlichen Personennahverkehr.

Hilfen für weitere Branchen

Die Koalitionsspitzen einigten sich auch auf eine zusätzliche Unterstützung in Milliardenhöhe für Branchen, die von der Corona-Krise besonders belastet sind. Geplant sind
"Überbrückungshilfen" im Umfang von maximal 25 Milliarden Euro. Damit soll eine Pleitewelle bei kleinen und mittleren Firmen verhindert werden.

Steuerliche Entlastungen für Firmen

Außerdem soll es steuerliche Entlastungen geben, damit die Liquidität von Firmen gesichert wird und diese Spielräume für Investitionen haben.

Investitionen in Digitalisierung

Die Koalition will außerdem mehr Geld ausgeben etwa für die Künstliche Intelligenz sowie für den Ausbau des neuen superschnellen Mobilfunkstandards 5G. Der digitale Wandel soll auch in der öffentlichen Verwaltung vorangebracht werden.

Nothilfen für Wälder

Die schwarz-rote Koalition will auch Deutschlands Wäldern und der Holzwirtschaft helfen, mit 700 Millionen Euro zusätzlich. Das Geld solle für die Aufforstung, den Erhalt und die nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern bereitgestellt werden.

Gemischte Reaktionen auf Konjunkturpaket

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßte das Konjunkturpaket. Es gebe den Kommunen den notwendigen Spielraum, um in diesem und im kommenden Jahr notwendige Investitionen auf den Weg zu bringen, sagte der Hauptgeschäftsführer des Gemeindebunds, Gerd Landsberg, der "Rheinischen Post". Der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, Mario Ohoven, sagte, gut seien Liquiditätshilfen für kleine und mittlere Firmen sowie steuerliche Erleichterungen für Investitionen. Die Bundesregierung versäume es aber, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nachhaltig zu stärken, etwa mit einer Unternehmensteuerreform.

Die Opposition sah Licht und Schatten. Der Linke-Energiepolitiker Lorenz Gösta Beutin sagte, es sei ein Erfolg der Klimabewegung, dass die Koalition keine klimaschädliche Abwrackprämie für Verbrennungsmotoren beschlossen habe. Es fehle aber ein echter ökologischer Neustart. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sagte, das Konjunkturpaket enthalte wichtige Aspekte wie die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer. Insgesamt aber handle es sich um sehr teure Vorschläge, dies belaste nachfolgende Generationen.

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