08. Juni 2020 – Dennis Schedautzke (deaktiviert 29.07.20)
In Frankreich gibt es sie schon, in Italien ebenfalls und nun soll die angekündigte Corona-Warnapp auch für den deutschen Markt kommen. Die App soll dabei helfen die Coronapandemie einzudämmen und Benutzer warnen falls sie in der Nähe eines Infizierten waren. Möglichst viele Leute sollen sich die App herunterladen, damit eine effektive Nachverfolgung von Infektionsketten möglich wird. Die sogenannte Tracing-App soll helfen, Infektionsketten leichter zu erkennen und nachzuverfolgen. Wird ein Nutzer positiv getestet und dieser Status in der App erfasst, sollen andere Anwender informiert werden, dass sie sich in der Nähe eines Infizierten aufgehalten haben. Radio Hamburg hat mit Technikexperte Christoph Dernbach gesprochen, der erklärt, was hinter der App steckt.
Datenschutz: Das macht die deutsche App besonders?
Anders als andere Länder zum Beispiel im asiatischen Raum setze die deutsche Corona-App komplett auf Freiwilligkeit. Sowohl der Download als auch die Benutzung selbst werden freiwillig erfolgen. "Die App ist sehr datenschutzfreundlich und schützt wirksam die Daten der Anwender", so Dernbach, der sich mit dem technischen Konzept sehr zufrieden zeigt. Alle Infos zum Code der App gibt es auch öffentlich einsehbar auf der Plattform "Github". "Da haben SAP und Telekom alles richtig gemacht", fasst es Dernbach zusammen.
Bringt die App überhaupt etwas?
Das Thema Datenschutz scheint also ausreichend geklärt worden zu sein. Dann stellt sich aber natürlich die Frage, wann so eine App überhaupt Sinn macht. Hierzu gibt es englische Studien, die besagen, dass sich etwa 60 Prozent der Bevölkerung die App herunterladen müssten, damit es messbare Erfolge gibt. Laut Dernbach ist das aber schier unmöglich, da zum Beispiel der beliebte Messenger und einer der am häufigsten heruntergeladenen Apps WhatsApp erst seit kurzer Zeit nach vielen Jahren bei diesen Nutzungszahlen angelangt ist. "Aber die Experten weisen auch darauf hin, dass jede Installation zählt und dass es auch bei deutlich geringeren Installationsraten schon messbare Erfolge geben kann", klärt der Technik-Experte auf.
Nutzung der App auch im Ausland?
Mit weiteren Coronalockerungen, wieder geöffneten Grenzen und dem anstehenden Sommerurlaub fragen sich viele User zudem, ob die App auch im Ausland benutzt werden kann oder auf den deutschen Raum beschränkt ist. In Ländern wie Frankreich wird das höchstwahrscheinlich nicht funktionieren, da man sich dort für ein ganz anderes Konzept entschieden hat. In anderen Ländern steht es noch nicht ganz fest. Hier wird laut Dernbach aber auf jeden Fall daran gearbeitet, dass es später eine Verknüpfung geben soll.
Kann jeder die App downloaden?
Gesundheitsminister Jens Spahn hat angekündigt, dass die App auf allen Geräten funktionieren soll. Ganz so leicht wird es laut Dernbach dann aber doch nicht: "Beim iPhone ist das iOS-Betriebsystem 13.5 die Mindestvoraussetzung. Das gibt es ab dem iPhone 6s oder iPhone SE". Wer ein älteres iPhone benutzt, der schaut in die Röhre und kann die App nicht benutzen. Bei Android-Geräten wird es sogar noch komplizierter. "Hier muss die Grundtechnologie Bluetooth LE unterstützt werden. Es müssen aber auch die Google Play Surfaces laufen", so der Experte. Über die Google Play Surfaces werden die Updates zur Verfügung gestellt. Diese werden aber nicht auf allen Handys verfügbar sein. Bestes Beispiel: Auf den neusten Huawei-Geräten ist dieser Dienst wegen des Handelskrieges zwischen den USA und China nicht installiert. Aber Dernbach sagt trotzdem auch: "Unter Strich dürften weit über 85 Prozent der Smartphones ready sein für die App."
Technische Probleme gelöst?
Im Vorfeld kam häufiger das Problem auf den Tisch, dass die App eventuell ständig geöffnet sein muss, um zu funktionieren. Es hieß, dass User nicht mehr Musik hören könnten, keine Navigationsapps mehr nutzen könnten oder andere Apps, die im Vordergrund statt der Corona-App geöffnet sind. Diese Probleme habe man aber aus der Welt schaffen können, sodass User weiterhin ganz normal mit ihrem Handy arbeiten, surfen oder Musik hören können.
Frisst die App viel Akku?
Eine weitere Sorge viele User: Die App frisst unfassbar viel Akku. Doch auch dieses Problem hat man laut Dernbach mit der Grundtechnologie Bluetooth LE gelöst, auf die die App zurückgreift. LE steht hier für Low Energy, also eine Technologie, die mit sehr wenig Akku-Kapazität auskommt.
Wie geht man mit einem Fehlalarm um?
Eine weitere Frage, die viele User umtreibt: Wie sicher kann so eine App gegen Fehlalarm sein? Also gegen das Risiko, dass man fälschlich in Quarantäne geschickt wird? "Es wird sicherlich Fehlalarme geben. Wie viele das sein werden, muss die Praxis zeigen. Wir kennen die App ja noch nicht", erklärt Dernbach. Man sei sich aber sicher, dass die App einen Beitrag zur Normalisierung leisten kann. Dieser sei aber auch nur begrenzt möglich. "Die App ist keine Wunderwaffe gegen Corona. Wer sich wirksam schützen will, muss auch mit der App Abstand wahren und Mundschutz tragen", macht Dernbach zum Abschluss deutlich.
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