Sehr viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber beschäftigt das Thema drohender Kurzarbeit in diesen Zeiten. Schreckgespenst oder Heilsbringer?
Die Zukunft der Arbeitswelt ist an vielen Stellen aktuell ungewiss, denn niemand weiß so recht, bis wann genau wieder Normalität eingekehrt sein wird. Völlig klar also, dass wir anfangen, uns nach und nach gedanklich mit verschiedenen Szenarien auseinandersetzen, vor allem um nicht plötzlich und völlig unvorbereitet von Maßnahmen "getroffen" zu werden. Eine dieser möglichen Maßnahmen, die bei Mitarbeitern gleichermaßen wie auch zwischen Unternehmern kursiert, ist die Kurzarbeit. Sie wird von Arbeitnehmern häufig eher als Bedrohung verstanden, von Arbeitgebern hingegen eher als Chance. Aber worum geht es dabei denn genau?
Was bedeutet Kurzarbeit?
Die Kurzarbeit, genauer gesagt das Kurzarbeitergeld, ist eine Überbrückungshilfe von der Agentur für Arbeit, auf die Unternehmen bei Geschäftskrisen zurückgreifen können. Wenn eine Krise, wie zum Beispiel die Corona-Pandemie, vorübergehend dazu führt, dass Unternehmen nicht mehr die volle Arbeitskraft ihres Personals benötigen, weil etwa Aufträge ausbleiben bzw. ein erhebliches Geschäftsvolumen weggebrochen ist, können Arbeitgeber für Ihre Mitarbeiter Kurzarbeitergeld beantragen, bis die Krise überstanden ist. Nochmal: Es sind die Arbeitgeber, die Kurzarbeitergeld beantragen, nicht die Arbeitnehmer.
Dabei legen die Unternehmen fest, von welchem Teil ihres Personals sie während der Kurzarbeit noch welchen Anteil an Arbeitsstunden benötigen. Das kann zum Beispiel bei unterschiedlichen Abteilungen unterschiedliche Regelungen ergeben. Wird eine 40-Stunden-Vollzeitkraft zum Beispiel nur noch für 20 Wochenstunden benötigt, wird die Kurzarbeit auf 50% festgelegt.
Haben Arbeitnehmer in Kurzarbeit Einbußen?
Ja.
Aber: während der Kurzarbeit bekommen beispielsweise auf 50% Arbeitszeit gekürzte Mitarbeiter nicht plötzlich auch nur noch 50% ihrer Bezüge - denn dann wäre Kurzarbeit nichts anderes als ein Wechsel von Voll- zu Teilzeit. Sondern: Die Agentur für Arbeit hilft Mitarbeitern eines Unternehmens, die in Kurzarbeit geraten sind, grundsätzlich mit 60% des dann fehlenden Teils ihres bisherigen Nettoeinkommens aus. So wird ein herber Einkommensverlust auf Arbeitnehmerseite abgedämpft, während Unternehmer gleichzeitig nicht in die bedrohliche Lage geraten, für vorübergehend nicht benötigte oder nicht abgerufene Arbeitskraft volle Gehälter weiterzahlen zu müssen!
Wer ein unterhaltspflichtiges Kind auf seiner Steuerkarte hat, erhält anstatt 60% sogar 67% seines weggefallenen Nettos zurück.
Eine vereinfachte Beispielrechnung:
Mitarbeiter XY würde normalerweise in Vollzeit für seine Arbeit 2.000 EUR monatlich netto verdienen.
Sein Arbeitgeber beantragt nun Kurzarbeitergeld für ihn und setzt aufgrund einer Krise die Arbeitszeit von XY auf 50% herab.
So erlöst XY nur noch 1.000 EUR monatlich netto aus seiner Arbeit und hat die anderen 1.000 EUR zunächst als Netto-Einbußen.
Da XY keine Kinder hat, fängt die Agentur für Arbeit den Nettoverlust nun zu 60% auf und zahlt dem Arbeitgeber, der Kurzarbeitergeld für seinen Mitarbeiter beantragt hat, 600 EUR für Mitarbeiter XY aus.
Der Arbeitgeber überweist Mitarbeiter XY beide Teilbeträge zusammen und dieser findet in Kurzarbeit statt seiner bisherigen 2.000 EUR zwar nur noch 1.600 EUR netto auf seinem Konto vor, war aber auch nur die Hälfte der Zeit arbeiten. In diesem Beispiel büßt Mitarbeiter XY also 400 EUR seines vormaligen Netto-Einkommens ein. Bei höheren Gehältern ergibt sich durch die prozentuale Regelung auch eine höhere Netto-Einbuße, also je höher das reguläre Gehalt, desto mehr Euro fehlen auch in Kurzarbeit.
(Die Rechnung ist deshalb zur prinzipiellen Illustration vereinfacht, weil es nicht an jeder Stelle "auf den Euro genau" hinkommen wird. Das liegt an der Netto-Berechnung des Kurzarbeitergeldes. Bei einer Halbierung des Brutto-Gehaltes werden in den meisten Fällen jedoch andere Lohnsteuersätze gelten.)
Warum sollten Arbeitgeber Kurzarbeitergeld für ihre Mitarbeiter erwägen?
Ein Vorteil liegt natürlich auf der Hand: Ich muss als Arbeitgeber nicht mehr Gehälter für Mitarbeiter voll bezahlen, die ich gar nicht oder nur noch anteilig benötige. Bei fehlenden Einnahmen bewahrt mich das vor einem erheblichen Teil meines Kostendrucks, denn schließlich zahle ich in Kurzarbeit nicht nur weniger Gehalt aus, sondern auch weniger Arbeitgeber-Anteile zur Sozialversicherung meines Mitarbeiters. Dennoch könnte ich doch meine Mitarbeiter auch einfach betriebsbedingt kündigen oder aus ihren Stellen einfach Teilzeitstellen machen - oder?
Das ergibt häufig sehr wenig Sinn. Bei dem Kurzarbeitergeld handelt es sich um eine Überbrückung einer Krise, die vorübergehen wird. Ist sie überstanden, müssen Arbeitgeber auf diese Art oft nicht ihre eingearbeiteten, leistungsstarken Fachkräfte neu gewinnen oder aufbauen, sondern behalten sie. Es ist nicht zu unterschätzen, wie erheblich das beim erneuten Hochfahren der Strukturen nach Ende einer Krise hilft und wie sehr das die Langzeitfolgen von Krisen schmälern kann. Insofern hilft Kurzarbeitergeld den Unternehmen dabei, sich vor dem bitteren Entlassenmüssen ihrer Mitarbeiter zu schützen. Das bedeutet auch: Selbst eine Kurzarbeit auf 0% kann für Arbeitgeber und Arbeitnehmer immer noch besser sein, als ein Ende des Arbeitsverhältnisses!
Wie lange kann man Kurzarbeitergeld beziehen?
Zwölf Monate lang. Wenn sich zwischenzeitlich die Lage sehr stark verbessert, so dass Unternehmen ihre Mitarbeiter kurzzeitig wieder voll einstellen, etwa weil ein Großauftrag hereinkam, wird der maximale Bezugszeitraum nicht um diese Zwischenphase gekürzt. Außerdem gilt: Wer nach Kurzarbeit länger als drei Monate wieder voll angestellt war, und erst danach wieder in Kurzarbeit rutscht, bekommt neue zwölf Monate gewährt.
Wie kann ich Kurzarbeitergeld beantragen?
Zum Glück sind Arbeitgeber in Zeiten von Corona nicht gezwungen, bei der Agentur für Arbeit Schlange zu stehen, wie es leider aber schon zu sehen war. Natürlich soll auch hier alles daran gesetzt werden, die Ausbreitung des Corona-Virus möglichst stark einzudämmen, einerseits in der Warteschlange, andererseits aber auch bei der Bearbeitung von Kurzarbeitergeld-Anträgen im direkten Kundenkontakt. Stattdessen erfolgt der Antrag online auf arbeitsagentur.de!