10. März 2023 – Sebastian Tegtmeyer

Polizei konnte Schlimmeres verhindern

Amokschütze von Alsterdorf war früher selbst Zeuge Jehovas

Der mutmaßliche Amokschütze von Hamburg war ein ehemaliges Mitglied der Zeugen Jehovas. Und er verließ die Gemeinde allem Anschein nach nicht im Guten. Bei dem Amoklauf tötete er sieben Menschen und verletzte acht weitere Personen.

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10.03.2023
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Der mutmaßliche Todesschütze von Hamburg ist ein 35 Jahre alter Deutscher. Philipp F. sei ein ehemaliges Mitglied der Hamburger Gemeinde der Zeugen Jehovas gewesen und habe diese vor eineinhalb Jahren freiwillig, aber offensichtlich nicht im Guten verlassen. Das teilten Polizei, Staatsanwaltschaft und Innenbehörde bei einer Pressekonferenz mit.

Täter tötete sieben Menschen und sich selbst

Bei den Todesopfern der Schüsse bei den Zeugen Jehovas handelt es sich um vier Männer, zwei Frauen und einen weiblichen Fötus im Alter von 28 Wochen. Die Männer und Frauen seien zwischen 33 und 60 Jahre alt, sagte der Leiter des Staatsschutzes der Polizei, Thomas Radszuzweit. "Alle Todesopfer sind deutscher Staatsangehörigkeit und starben jeweils durch Schusseinwirkung."

Darüber hinaus seien sechs Frauen und zwei Männer im Alter zwischen 23 und 46 Jahren verletzt worden, mindestens vier von ihnen lebensbedrohlich, "teils mit multiplen Schusswunden", sagte Radszuzweit. Sechs der Verletzten seien deutsche Staatsangehörige, je eine Frau ist ugandischer beziehungsweise ukrainischer Staatsangehörigkeit, teilte Radszuzweit mit.

Hamburgs Innensenator Grote bezeichnete den Vorfall als Amoklauf. "Eine Amoktat dieser Dimension - das kannten wir bislang nicht. Das ist die schlimmste Straftat, das schlimmste Verbrechen in der jüngeren Geschichte unserer Stadt."

Einsatzkräfte waren binnen Minuten vor Ort

Die tödlichen Schüsse waren am Donnerstagabend gegen 21 Uhr während einer Veranstaltung im Gebäude der Gemeinde im Hamburger Stadtteil Alsterdorf gefallen. Das hatte zu einem Großeinsatz geführt. Dabei war die Polizei binnen Minuten am Tatort: Um 21:04 Uhr seien die ersten Notrufe eingegangen. "Um 21.08 Uhr waren erste Kräfte vor Ort", sagte Grote. Nur eine Minute später, um 21:09 Uhr, sei die Unterstützungsstreife für erschwerte Einsatzlagen (USE) am Tatort gewesen.

Einsatzkräfte retteten wahrscheinlich etliche Menschenleben

Die Einsatzkräfte retteten nach den Worten des Innensenators sehr wahrscheinlich etliche Menschenleben. "Wir haben es mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit dem sehr, sehr schnellen und entschlossenen Eingreifen der Einsatzkräfte der Polizei zu verdanken, dass hier nicht noch mehr Opfer zu beklagen sind", sagte Grote. Laut Polizei konnten etwa 20 Personen unverletzt aus dem Gebäude gerettet werden. Auch die Menschen, die verletzt gerettet worden seien, "rechnen wir dem Einschreiten der Polizei zu", sagte der Leiter der Schutzpolizei, Matthias Tresp.

Bis in den Freitagvormittag waren die Ermittler zur Spurensuche am Tatort unterwegs. Die ersten Leichen wurden mittlerweile abtransportiert.

Amoktäter war Sportschütze

Der mutmaßliche Amoktäter von Hamburg ist Sportschütze gewesen. Der Mann habe seit Dezember 2022 eine Waffenbesitzkarte gehabt, sagte Polizeipräsident Ralf Martin Meyer. "Seit dem 12. Dezember befand er sich somit im legalen Besitz einer halbautomatischen Pistole." Dabei handele es sich um die Tatwaffe. Nach den Schüssen hat die Polizei laut Staatsanwaltschaft in der Wohnung des mutmaßlichen Täters auch eine größere Menge Munition gefunden. Der Leiter der Staatsanwaltschaft, Ralf Peter Anders, sprach am Freitag von 15 geladenen Magazinen mit jeweils 15 Patronen und 4 Schachteln Munition mit weiteren 200 Patronen. Außerdem wurden Laptops und Smartphones sichergestellt, die noch ausgewertet werden. Als Extremist war der mutmaßliche Schütze nach Angaben aus Sicherheitskreisen nicht bekannt.

Zahlreiche nationale und internationale Politiker reagierten schockiert und betroffen auf den tödlichen Vorfall, darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Auch die Zeugen Jehovas zeigten sich "tief betroffen".

Blumen am Tatort, Polizei versiegelt Gebäude

Nach der Amoktat mit acht Todesopfern in einem Gebäude der Zeugen Jehovas in Hamburg sind rund um den Tatort erste Blumen und Kerzen abgelegt worden. Beobachtungen eines dpa-Reporters zufolge hat die Polizei am Freitagmittag das Gebäude nach der am Vorabend laufenden Spurensicherung verlassen und die Tür des Gebäudes im Stadtteil Groß Borstel versiegelt.

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(Quelle: dpa)

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