21. Oktober 2025 – Mira Oetinger

Abfrage beim Verfassungsschutz

Gesetzesentwurf zur Überprüfung der Verfassungstreue vor Neueinstellung im öffentlichen Dienst steht

Angehörige des öffentlichen Dienstes sind zur Verfassungstreue verpflichtet. Doch wie lässt sich das überprüfen? Bei Neueinstellungen in Hamburg soll künftig der Verfassungsschutz befragt werden.

Hamburg Altstadt, Innenstadt, Hamburger Innenstadt, Rathaus
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Der rot-grüne Hamburger Senat hat einen Gesetzentwurf zur Einführung der umstrittenen Regelabfrage beschlossen. Damit sollen ab kommendem Jahr bei Neueinstellungen im öffentlichen Dienst der Hansestadt mögliche verfassungsfeindliche Aktivitäten beim Landesamt für Verfassungsschutz abgefragt werden, wie der Senat im Anschluss an seine wöchentliche Sitzung mitteilte.

Auch zu anderen Anlässen im beruflichen Werdegang von Beamtinnen und Beamten, Tarifbeschäftigten oder Richterinnen und Richtern sollen solche Abfragen möglich werden. Ziel sei eine "Stärkung des öffentlichen Dienstes gegen Verfassungsfeinde", hieß es.

Beschäftigte der Stadt zur Verfassungstreue verpflichtet

Die Bürgerschaft muss dem Gesetzentwurf noch zustimmen. Er sieht den Angaben zufolge vor, dass bei vorliegenden begründeten Bedenken an der Verfassungstreue einer Person diese noch einmal anzuhören ist. Die Entscheidung über Personalangelegenheiten treffe am Ende die zuständige Stelle, so der Senat.

In seiner Mitteilung betonte er, dass Angehörige des öffentlichen Dienstes zur Verfassungstreue verpflichtet seien. "Wer die freiheitliche demokratische Ordnung ablehnt, kann nicht für den Staat arbeiten, der auf diesen Grundsätzen aufbaut", hieß es. Jeder Einzelfall verfassungsfeindlicher Aktivität in der Verwaltung gefährde die Integrität und das Vertrauen in den öffentlichen Dienst insgesamt.

Mit dem Gesetzentwurf kommt der Senat einem Beschluss der Bürgerschaft nach. Diese hatte ihn im Januar aufgefordert, entsprechende Regelungen zu treffen.

SPD sieht Rechtsstaat gestärkt - Kritik von Linken und AfD

Der Innenexperte der SPD-Fraktion, Sören Schumacher, nannte die Senatsentscheidung einen wichtigen und konsequenten Schritt. Seit Jahren sei zu beobachten, dass Extremisten ihre Strategien zur Zersetzung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung weiterentwickelt würden. Verfassungsfeinde versuchten gezielt, demokratische Institutionen zu unterwandern und ihren Einfluss auszubauen, sagte er.

Kritik kam hingegen von Linken und der AfD. "Mit der geplanten Regelanfrage führt der Senat unsere Stadt zurück in die Zeiten der Berufsverbote", sagte der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Deniz Celik. "Statt im Kampf gegen die Feinde der Demokratie von rechts die Zivilgesellschaft und deren antifaschistisches Engagement zu stärken und Demokratiebildung auszubauen, setzen SPD und Grüne auf Misstrauen, Kontrolle und Gesinnungsschnüffelei."

Von «Gesinnungsschnüffelei» und einem "völlig falschen Weg" sprach auch AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann. "Der rot-grüne Senat setzt damit nicht auf Leistung, Kompetenz und Verantwortung, sondern auf politische Einseitigkeit und Konformität."

Gewerkschaftsnahes Bündnis mobilisiert gegen Regelabfrage

Gegen die Einführung der Regelabfrage will auch ein Bündnis um die Gewerkschaften GEW und Verdi Hamburg mobilisieren. Ihr Sprecher, GEW-Vorstandsmitglied Heiko Humburg, nannte den Beschluss absurd: "Erst 2022 hat sich die Hamburgische Bürgerschaft für die Berufsverbote der 1970er Jahre entschuldigt. Und nun kündigt der Senat mit der Regelanfrage eine Maßnahme an, die in der Konsequenz dasselbe Ergebnis haben würde", sagte er.

1972 hatten Bund und Länder unter Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) den sogenannten Extremistenbeschluss gefasst, um eine Unterwanderung des Staates durch Kommunisten zu verhindern. Vor allem für Lehrkräfte hatte dies vielfach fatale Auswirkungen, da in der Folge allein wegen Zweifeln an der Verfassungstreue gegen sie noch bis in die 1980er Jahre faktisch Berufsverbote verhängt wurden.

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(Quelle: dpa)

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