24. Mai 2023 – Zoe Groening (deaktiviert 16.07.24)
Hamburg nimmt weniger Steuern ein als gedacht. Der Finanzsenator macht dafür die Steuergesetzgebung des Bundes verantwortlich. Die Opposition in der Bürgerschaft spricht von Polemik und wirft dem rot-grünen Senat hausgemachte Probleme vor.
Die Steuereinnahmen sprudeln auch in Hamburg in den nächsten Jahren nicht so kräftig wie erwartet. Zwar fällt die Abweichung zur vorigen Steuerschätzung vom November im Vergleich zum Bund und dem Nachbarland Schleswig-Holstein in der Hansestadt
deutlich glimpflicher aus. Angesichts drastisch steigender Kosten und der noch anstehenden Tarifrunde im öffentlichen Dienst der Länder spricht Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) dennoch von einer "Größenordnung, mit der es jetzt schwer werden wird zu haushalten in den nächsten Jahren".
275 Millionen Steuern weniger im kommenden Jahr
Mit Blick auf mögliche Begehrlichkeiten anderer Ressorts in der rot-grünen Landesregierung mahnte der Senator am Dienstag (23.05), allen müsse klar sein, "dass jetzt eine Phase auch äußerster Haushaltsdisziplin vor uns liegt". Nach der aktuellen Mai-Schätzung sollen im laufenden Jahr zunächst noch 124 Millionen Euro mehr Steuern eingenommen werden als vor sechs
Monaten erwartet. Im kommenden Jahr wird dagegen mit 275 Millionen Euro weniger gerechnet. Für den Zeitraum von 2023 bis 2027 reduzieren sich die erwarteten Steuereinnahmen insgesamt um 231 Millionen Euro.
Inflationsausgleich sorgt für weniger Steuereinnahmen
Ein wesentlicher Faktor sind nach Dressels Worten weitere Folgen des Inflationsausgleichsgesetzes, die in der Schätzung vom November 2022 noch nicht berücksichtigt wurden. Schon damals hatte der Senator beklagt, dass ein großer Teil erwarteter Steuermehreinnahmen durch Effekte der Berliner Steuergesetzgebung wieder aufgezehrt werde. Ein Dorn im Auge ist Dressel dabei vor allem, dass die Schwelle für den Spitzensatz von 42 Prozent bei der Einkommensteuer zweimal spürbar angehoben wird. Damit sollen auch Spitzenverdiener angesichts der hohen Inflation deutlich entlastet werden. Dressel kündigte an, das Thema bei der kommenden Finanzministerkonferenz der Länder abermals auf den Tisch zu legen. "Nochmal sehr deutlich an die Adresse des Bundesfinanzministers: Lindners Steuergeschenke für Einkommensbezieher im Bereich des Spitzensteuersatzes sind für Länder und Kommunen zu teuer!"
Wie soll der Haushalt zukünftig verteilt werden?
"Wenn es jetzt knapp wird und wir gucken müssen, wie wir in Ländern und Gemeinden zukünftig unsere Haushalte aufstellen können in krisenhaften Zeiten, dann muss man sich überlegen, was kann man sich leisten", sagte Dressel zu den Folgen der weniger optimistischen Einnahmeerwartungen. "Jeder kriegt mit, wie die Ansagen auch in anderen Bundesländern zum Beispiel in einem Nachbarbundesland nördlich von uns sind", sagte er mit Blick auf Schleswig-Holstein. Wegen drastischer Einbrüche bei den Steuereinnahmen zog die schwarz-grüne Landesregierung dort die Reißleine und verhängte eine vorläufige Haushaltssperre.
Weil Hamburg relativ wenig betroffen ist, ist das in der Hansestadt nicht nötig: "In der Tat, zu solchen drastischen Instrumenten muss ich jetzt nicht greifen, aber deswegen ist hier nicht eitel Sonnenschein, sondern die Lage ist auch in Hamburg ernst", sagte Dressel und fügte an die Adresse seiner Kolleginnen und Kollegen im Senat hinzu: "Spielräume für irgendwelche neuen Projekte, neue
Themen, bestehen an keiner Stelle."
Kritik von der Opposition
Die Opposition in der Bürgerschaft kritisierte, dass der Finanzsenator für die schlechtere Einnahmesituation Bundesgesetze verantwortlich mache. Dressel betreibe "hier Augenwischerei, um davon abzulenken, dass er bei den eingebrochenen Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer viel zu lange auf das Prinzip Hoffnung im aktuellen Haushalt gesetzt hat", sagte CDU-Haushaltsexperte Thilo Kleibauer. Die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein warf Dressel Polemik gegenüber ihrem Parteifreund, Bundesfinanzminister Christian Lindner vor. Dies solle "vertuschen, dass Hamburgs absehbares Haushaltsproblem in großen Teilen hausgemacht ist: Rot-Grün verschwendet Abermillionen für eine wirkungslose Klimapolitik und eine gescheiterte Verkehrspolitik." Der haushaltspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Thomas Reich, sagte: "Hamburg bekommt jetzt mit voller Wucht die teilweise hausgemachten Probleme zu spüren."
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