24. August 2021 – Sebastian Tegtmeyer

Gewalt verurteilt

Ida-Ehre-Schule äußert sich nach Angriff auf Polizisten

Nach dem brutalen Schüler-Angriff auf einen Polizisten vor der Ida-Ehre-Schule in Eimsbüttel vergangenen Donnerstag hat sich die Schulleitung geäußert und die Gewalt verurteilt.

Die Leitung der Hamburger Ida-Ehre-Schule ist schockiert über den brutalen Schüler-Angriff auf einen Polizisten in der Nähe der Stadtteilschule. "Es hat uns entsetzt, mit welchem Gewaltpotenzial schon Kinder agieren können", heißt es in einem Brief von Schulleiterin Nicole Boutez, der am Montag veröffentlicht wurde. Und es sei gewiss, dass dieser Vorfall nicht ohne Folgen hingenommen werde. "Neben aller polizeilichen und disziplinarischen Konsequenzen sehen wir es als unsere Pflicht an, mit der gesamten Schülerschaft sehr gezielt hierzu zu arbeiten, was geschehen ist", hieß es weiter.

Mehrere Jugendliche attackieren Polizisten

Am Donnerstag hatte eine Gruppe in der Nähe der Schule einen Polizisten attackiert und mehrfach gegen den Kopf getreten, wie die Polizei mitteilte. Zwischenzeitlich seien mehr als 80 Schüler vor Ort gewesen. Zuvor hatte der Polizist, der mit einem Fahrrad unterwegs war und an der Schule als Ansprechpartner - als sogenannter Cop4U - arbeitet, einen Streit zwischen zwei Kindern zu schlichten versucht.

Zwei Jugendliche in Gewahrsam genommen

Die Besatzungen von zwölf Streifenwagen eilten ihrem Kollegen zur Hilfe und brachten die Situation unter Kontrolle. Zuvor seien Beamte auch beleidigt, bespuckt und angegriffen worden, teilte die Polizei mit. Zwei 13-Jährige und ein 12-Jähriger wurden im Anschluss in Gewahrsam genommen und später ihren Erziehungsberechtigten übergeben. Das Landeskriminalamt ermittelt nun wegen gefährlicher Körperverletzung, versuchter Gefangenenbefreiung und Beleidigung.

Haupttäter sei an einer anderen Schule

Die Schulleitung betonte, dass der mutmaßliche Haupttäter, ein 13-Jähriger Schüler, an einer anderen Schule sei. Schülerinnen und Schüler der Ida-Ehre-Schule seien von ihm seit Beginn des neuen Schuljahres "in bedrohlicher Weise angesprochen und unter Druck gesetzt worden", hieß es. Gemeinsam mit dem Cop4U habe die Schulleitung sowohl mit betroffenen Eltern als auch mit Kolleginnen und Kollegen gesprochen. Auch Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) hatte sich bestürzt über den Vorfall gezeigt.

Der offene Brief im Wortlaut

Statement der Schule zu den Übergriffen auf unseren Cop4U

Wir, die Ida Ehre Schule, nehmen Stellung zu dem alarmierenden und abstoßenden Vorfall vom 19.08.21 an der Ecke Bogenstraße/Schlankreye.

Zunächst müssen wir kurz die Sachlage darstellen, um allen Beteiligten und Interessierten die gleiche informative Ausgangslage zu ermöglichen.

Schülerinnen und Schüler unserer Schule wurden, wie wir mittlerweile wissen, seit Beginn des neuen Schuljahres durch einen Schüler einer anderen Schule in bedrohlicher Weise angesprochen und unter Druck gesetzt. In dem Moment, als wir hiervon Kenntnis erlangt haben, haben wir augenblicklich ein bewährtes Verfahren begonnen. Unser Cop4U ist Ansprechpartner und Vertrauensperson für alle in Schule. In der vertrauten und guten Zusammenarbeit mit dem Cop4U haben wir sowohl mit betroffenen Eltern, als auch mit Kolleginnen und Kollegen gesprochen.

Wir sehen es als unsere gute Pflicht an dafür Sorge zu tragen, dass an dieser Schule ohne Gewalt und ohne Bedrohung gelernt und gelebt werden kann.

Auch am Donnerstag war besagter Schüler einer anderen Schule wieder vor unserer Schule. Die sich daraus entwickelte Eskalation war erschütternd.

Unter den vielen Schaulustigen waren Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene.

Und unter diesen Kindern und Jugendlichen waren auch Schülerinnen und Schüler unserer Schule.

Wir haben sehr schnell in einem abgestimmten Verfahren in unterschiedlichen Rollen reagiert. Es sind selbstverständlich Kollegen in die Menge gegangen mit dem klaren Ziel, Schülerinnen und Schüler vom Ort des Geschehens zu entfernen. Darauf haben auch einige der anwesenden Kinder und Jugendlichen reagiert. Andere Kolleginnen und Kollegen haben den Ausgang unserer Schule gesichert, damit Kinder einen anderen Ausgang nutzen können und nicht in das

Geschehen hineinlaufen. Wir weisen ganz klar die teilweise öffentlich gemachten Vorwürfe zurück, Lehrer hätten nicht eingegriffen: Im Gegenteil.

Es hat uns entsetzt, mit welchem Gewaltpotenzial schon Kinder agieren können.

Es hat uns erschrocken, mit welchem Selbstverständnis und in entfremdender Form „gegafft“ wird – von Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen.

Wir sind bestürzt über die scheinbare Empathielosigkeit der Zuschauer.

Und es ist gewiss, dass dieser Vorfall zumindest an unserer Schule nicht konsequenzlos hingenommen wird. Neben aller polizeilichen und disziplinarischen Konsequenzen sehen wir es als unsere Pflicht an, mit der gesamten Schülerschaft sehr gezielt hierzu zu arbeiten, was geschehen ist. Es werden der Beratungsdienst der Schule und Mitarbeiter des ReBBZ für Schülerinnen und Schüler, sowie Eltern und Kollegen und Kolleginnen, die Gesprächsbedarf haben sowohl in der Schule, als auch im ReBBZ zur Verfügung stehen. Der Präventionsunterricht soll so schnell wie möglich in den Klassen durchgeführt werden. Dazu gehören Themen wie „wie helfe ich anderen“ etc.

Außerdem werden die Kolleginnen und Kollegen im Unterricht immer wieder Gesprächsbereitschaft zu den Themen des Präventionsunterricht zeigen. Das Soziale Lernen, ein bereits in der Schule verankertes Projekt, werden wir neu betrachten und schnell umsetzen.

Wir sehen uns mit einer gesellschaftlichen Entwicklung konfrontiert, deren Korrektiv die Schule nicht alleine sein kann. Auch deshalb sind wir dankbar für die Unterstützung durch den Elternrat, die Eltern, die Schülervertretung und die Schüler, die Behörde und den Jugendschutz der Polizei.

Wir sind die Ida Ehre Schule. Wir sehen unseren Bildungsauftrag in der Vermittlung von Wissen, humanistischen Grundwerten und einem wachen Verstand. Wir sehen unseren Erziehungsauftrag darin Kinder und Jugendliche dazu zu befähigen, auf Grundlage der Vernunft, der Verantwortung und des Gewissens Entscheidungen treffen zu können. Wir versuchen, die Prinzipien der Bildung des Menschen in ihrem gesamten Zusammenhang allen an unserer Schule zugängig zu machen.

Und auch deshalb sehen wir es als unsere vornehmste Pflicht an, hinzuschauen. Und aus diesem von allen Seiten getroffenen Blick vernünftige Entscheidungen zu treffen.

Wir sind eine große Gemeinschaft – in dieser Gemeinschaft sollen sich alle Menschen sicher und aufgehoben fühlen. In dieser Gemeinschaft muss der gute Streit um die Sache möglich sein. Gewalt hat hier nichts verloren. In keiner Form. Weder durch schaulustiges Verhalten, noch durch verletzende oder drohende Worte, noch durch den Aufruf zu Gewalt oder deren Akzeptanz, noch natürlich durch echte körperliche Gewalt.

Wir werden über dieses Selbstverständnis sprechen und wir werden über Courage sprechen. Es war von den vielen Schülerinnen und Schülern unserer Schule nur ein kleiner Teil an diesem entsetzlichen Vorfall beteiligt. Und wenn es nur ein einziger Schüler gewesen wäre – es wäre einer zu viel gewesen.

Nicole Boutez

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