11. Januar 2022 – Sebastian Tegtmeyer
Schlechte Nachrichten für den deutschen Schiffbau zu Jahresbeginn: Am Montag haben die MV Werften in Mecklenburg-Vorpommern und die Bremerhavener Lloyd-Werft Insolvenz angemeldet. Beide Unternehmen gehören zum Mischkonzern Genting Hongkong, der in Schwierigkeiten steckt.
Der Handel mit Genting-Aktien an der Börse in Hongkong war am vergangenen Freitag ausgesetzt worden und wurde seither auch nicht wieder aufgenommen. Gentings Kreuzfahrtsparte ist wegen der Corona-Pandemie in Schieflage geraten. Bei den MV Werften geht es um rund 1.900 Beschäftigte, bei dem Bremerhavener Schiffbaubetrieb um etwa 300 Arbeitsplätze. Für die Lloyd-Werft wurde als vorläufiger Insolvenzverwalter der Hamburger Rechtsanwalt Per Hendrik Heerma eingesetzt. Er hatte diese Funktion auch bei der Elsflether Werft übernommen, die 2019 mit der Sanierung des Marineschulschiffs "Gorch Fock" gescheitert war. Für die MV Werften sei noch kein Insolvenzverwalter benannt, sagte ein Sprecher des Amtsgerichts Schwerin.
Finanzierung des teuren Neubaus des Kreuzfahrtschiffes "Global Dream" konnte nicht gesichert werden.
Den MV Werften war es nicht gelungen, die Finanzierung des zu 75 Prozent fertigen und rund 1,5 Milliarden Euro teuren Neubaus des Kreuzfahrtschiffes "Global Dream" für bis zu 10.000 Passagiere zu sichern. Verhandlungen von Genting und der Werft mit Bund und Land scheiterten. Die Schuld daran weisen Landes- und Bundespolitiker Genting zu: Der Konzern sei nicht bereit gewesen, einen Anteil von 60 Millionen Euro am Rettungspaket zu tragen, heißt es seit Tagen.
Genting will weiterhin Kreuzfahrtschiffen bauen
Der Bund war demnach bereit, zu bereits gewährten 300 Millionen Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds weitere 300 Millionen Euro zu geben. Vom Land Mecklenburg-Vorpommern standen weitere 78 Millionen Euro bereit - unter der Bedingung, dass sich Genting und der Bund einigen und es eine Fortführungsperspektive für die MV Werften gibt. An einer Neuausrichtung weg von Kreuzfahrtschiffen hatte der Konzern jedoch kein Interesse gezeigt. Genting habe die Werften 2016 ausschließlich mit dem Ziel übernommen, Kreuzfahrtschiffe zu bauen, hatte der Präsident von Genting Hongkong, Colin Au, der Deutschen Presse-Agentur am Wochenende gesagt. Mehr als zwei Milliarden Euro seien investiert worden.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte in Berlin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur: "Als Bundesregierung haben wir alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Insolvenz der MV Werften zu vermeiden und so die Arbeitsplätze zu retten. Allerdings haben die Eigentümer unser Hilfsangebot ausgeschlagen; die Anmeldung der Insolvenz ist die Folge."
Genting übernahm MV Werften und Lloyd-Werft Bremerhaven 2016
Der Genting-Konzern hatte die Werften 2016 übernommen, um dort für eigene Reedereien Kreuzfahrtschiffe bauen zu lassen. Nach dem coronabedingten Zusammenbruch des Kreuzfahrtmarktes Anfang 2020 war Genting aber in finanzielle Schieflage geraten, die für 2021 erwartete Trendwende blieb aus. Colin Au betonte zwar, dass in Asien die Kreuzfahrtbranche wieder gestartet sei und profitabel arbeite. Doch aus Verhandlungskreisen von Bund und Land war zu hören, dass diese Meinung dort kaum geteilt wurde.
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Foto: Bloomicon / Shutterstock.com
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