05. September 2025 – Mira Oetinger

In Niedersachsens Schulen

Neuerungen im kommenden Schuljahr: Zwei Religionsfächer sollen zusammengelegt werden

Immer weniger Schüler sind getauft. Auch deshalb führt Niedersachsen ein gemeinsames Fach für evangelische und katholische Religion ein. Was sich dadurch an den Schulen ändert.

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Schulferien I Foto: SpeedKingz, Shutterstock

Der evangelische und katholische Religionsunterricht soll in Niedersachsen vom kommenden Schuljahr an im neuen Fach Christliche Religion zusammengefasst werden. Die Vereinbarung dazu unterzeichnen Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) und die Leitungen der Kirchen und Diözesen in Niedersachsen am Freitag (05.09.) in Hannover.

Warum wird der christliche Religionsunterricht zusammengelegt?

Den Impuls dafür gaben die Kirchen selbst. Sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche verweisen auf gute Erfahrungen mit dem bisherigen kooperativen Religionsunterricht. Es geht aber auch darum, den Religionsunterricht überhaupt für die Zukunft zu sichern: Gäbe es die Zusammenlegung nicht, sei nicht auszuschließen, dass die Fortführung gefährdet wäre, "da es in beiden großen Konfessionen zunehmend weniger getaufte Schülerinnen und Schüler gibt", erklärt das Bistum Hildesheim.

Das Kultusministerium sieht im gemeinsamen Unterricht ein Signal «für Dialog, Kooperation und gegenseitiges Verständnis». Die Schüler erhielten so die Möglichkeit, sich mit Vielfalt auseinanderzusetzen, Unterschiede zu reflektieren und Respekt sowie Toleranz gegenüber anderen zu entwickeln.

Wer nimmt am christlichen Religionsunterricht teil?

Etwa jeder zweite Schüler in Niedersachsen gehört der evangelischen oder katholischen Kirche an. Für diese ist der neue Religionsunterricht verbindlich. Aber auch Schüler anderer Konfessionen oder Religionen sowie Schüler ohne Konfession sollen – wie bisher – auf eigenen Wunsch an dem Unterricht teilnehmen können.

Welchen Mehrwert soll das Fach Christliche Religion bieten?

Das Bistum Hildesheim beschreibt es so: "Religiöse Bildung eröffnet einen einzigartigen Zugang zur Wirklichkeit und bietet Raum für existentielle Fragen sowie ein gemeinsames Nachdenken über Gott und die Welt."

Die evangelische Landeskirche erklärt, das neue Unterrichtsfach werde sowohl die religiöse Orientierung als auch die Pluralitätskompetenz der Schüler stärken. Diese Inhalte seien gerade in der heutigen Zeit von großer Bedeutung und gebe es so in keinem anderen Schulfach.

Wie blicken die Schüler auf die Zusammenlegung?

Der Landesschülerrat sieht in dem neuen Fach "ein wichtiges Instrument zur Förderung von Dialog, Verständigung und gesellschaftlichem Zusammenhalt". Damit der Unterricht in einer vielfältigen religiösen und weltanschaulichen Landschaft relevant bleibe, müsse er sich aber konsequent an der Lebensrealität der Schülerinnen und Schüler orientieren.

"Das bedeutet, dass nicht nur christliche Inhalte vermittelt werden dürfen, sondern auch andere Religionen sowie nicht-religiöse Weltanschauungen gleichwertig berücksichtigt werden müssen", sagt der Vorsitzende Matteo Feind. "Nur so entsteht ein Unterricht, der die Pluralität der Gesellschaft widerspiegelt und den Schülerinnen hilft, kritisch und respektvoll über Sinnfragen, Werte und ethische Herausforderungen nachzudenken."

Was ist mit Schülern, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen?

Wer sich vom Religionsunterricht abmeldet, für den gibt es einen ethisch und religionskundlich ausgerichteten Ersatzunterricht. Das entsprechende Fach heißt in Niedersachsen Werte und Normen.

Welche Religionen werden in Niedersachsen unterrichtet?

Neben katholischer und evangelischer Religion werden in Niedersachsen laut Kultusministerium auch Islamische Religion sowie in einzelnen Lerngruppen auch Jüdische Religion, Orthodoxe Religion, Syrisch-Orthodoxe Religion und Alevitische Religion angeboten.

Im vergangenen Schuljahr unterrichteten rund 9.100 Lehrerinnen und Lehrer evangelische Religion, knapp 4.200 katholische Religion sowie 53 Islamische Religion. Für das Fach Werte und Normen gibt es 1.360 Lehrkräfte.

Wie viele Schüler haben welche Konfession?

Vor 20 Jahren gab es noch mehr als 550.000 evangelische, mehr als 150.000 katholische und nur knapp 140.000 konfessionslose Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen. Heute sind es etwas mehr als 300.000 evangelische, rund 110.000 katholische, rund 230.000 konfessionslose und fast 90.000 islamische Schüler.

Wie viele Schüler besuchen welchen Religionsunterricht?

Jeweils fast ein Drittel der Schülerschaft hatte im Schuljahr 2024/25 entweder evangelischen Religionsunterricht, konfessionell-kooperativen Religionsunterricht oder das Fach Werte und Normen. Einen rein katholischen Religionsunterricht erhielten lediglich 4 Prozent, islamischen Religionsunterricht sogar nur 0,4 Prozent.

Wie steht es um Ethik statt Religion als Schulfach?

Das niedersächsische Fach Werte und Normen ist als vollwertiges Ethikfach anerkannt. Den Religionsunterricht ersetzen soll es allerdings nicht. Denn: Der Religionsunterricht ist das einzige Unterrichtsfach, das im Grundgesetz verankert ist, wie das Kultusministerium erklärt. Die Einrichtung von bekenntnisfreien Schulen könne daher nur eine Ausnahme sein. Ohne eine Änderung des Grundgesetzes wird der Religionsunterricht also bleiben.

Die Bildungsgewerkschaft GEW wirbt dafür, dass an Schulen mit überwiegend nichtchristlicher Schülerschaft das Fach Werte und Normen angeboten wird. «Hier können ebenfalls Inhalte der verschiedenen Religionen thematisiert werden», sagt Landeschef Stefan Störmer. "Auf diese Weise kann die gesellschaftliche Realität der religiösen Multidiversität an derartigen Einrichtungen abgebildet werden." Eine Grundgesetzänderung, um den verpflichtenden Religionsunterricht abzuschaffen, fordert die GEW Niedersachsen indes nicht.

Der Landesschülerrat erklärt, ein Unterricht, der aktuelle gesellschaftliche Fragen aufgreife, zur kritischen Reflexion anrege und die Dialogfähigkeit fördere, biete einen echten Mehrwert – unabhängig vom Namen. Fächer wie Werte und Normen oder Philosophie seien dafür ein Anfang.

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(Quelle: dpa)

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