06. November 2020 – Stefan Angele
Seit Montag (02.11.) ist Hamburg zurück im Lockdown. Doch die Schulen und Kitas sollen weiterhin geöffnet bleiben und nach Aussagen aller Politiker auch möglichst lange geöffnet bleiben. Kann das gut gehen? Schulsenator Ties Rabe hat sich euren Fragen dazu gestellt.
Seit Montag (02.11.) ist Hamburg zurück im Lockdown. Doch die Schulen und Kitas sollen weiterhin geöffnet bleiben und nach Aussagen aller Politiker auch möglichst lange geöffnet bleiben. Für viele Eltern, Schüler und Lehrer wirft dieses Vorgehen natürlich Fragen auf. Kann das alles gut gehen, wenn die Infektionszahlen explodieren? Wie schützt man seine Kinder? Was passiert, wenn sich jemand infiziert? Wie sollen die Lehrer das alles schaffen? All eure Fragen dazu hat am Freitag (06.11.) zwischen 7 und 8 Uhr Schulsenator Ties Rabe in der Radio Hamburg Morningshow in einem Radio Hamburg Spezial beantwortet.
Schule immer noch in Ausnahmesituation
In den vergangenen Monaten hat sich Ties Rabe bereits immer wieder euren kritischen Fragen im Radio Hamburg Spezial gestellt. Jetzt zum Start des Lockdowns und der Bekundung, dass Schulen unter allen Umständen geöffnet bleiben sollen, hat der Politiker wieder in der Radio Hamburg Morningshow bei John Ment, Stübi, Laura Winter und Rainer Hirsch vorbeigeschaut, um mit euch ganz offen über eure Ängste, Zweifel und Fragen zu sprechen. Für Schüler, Lehrer, Eltern und auch die Schulbehörde waren die vergangenen Monate sicherlich eine Art Ausnahmesituation. Dazu zählten unter anderem die Schulschließungen, eine große Diskussion rund um das Abitur, Notbetreuung nicht für Jedermann, die schrittweise Wiedereröffnung und schließlich dann die vollständige Rückkehr aller Schüler und scharfen Hygiene-, Kontakt- und Abstandsvorschriften zurück in die Schulen nach den Sommerferien. Während die Behörde weiterhin versichert, dass die Rückkehr für die Schüler sicher und vor allem sinnvoll sei, fühlen sich viele Lehrer mit den neuen Anforderungen überfordert, klagen die Elternverbände über eine überstürzte Rückkehr und fordern die Direktoren mehr konkrete Hilfen in der Umsetzung.
"Kein Kind muss draußen frühstücken"
Unter anderem stellte Rabe klar, dass die Schulbehörde nicht angeordnet habe, dass Kinder draußen frühstücken sollen. Eine Hörerin berichtete, dass an der Schule ihres Kindes das Frühstück draußen eingenommen werden muss. Rabe: "Diese Regelung wirkt überraschend. Schulen dürfen eigene Regelungen erlassen. Ich möchte aber klarstellen, dass es keine Anweisung der Schulbehörde in diese Richtung gibt. Die Eltern an dieser Schule sollten über die Mitbestimmungsorgane wie zum Beispiel den Schulelternrat das Gespräch mit der Leitung suchen."
Sollen Hamburgs Schülerinnen und Schüler 14 Tage vor Weihnachten ins Homeschooling?
Rabe: "Nein, das finde ich nicht das richtige Verhältnis. Schule ist nichts, was man ausfallen lassen kann, um ein schönes Weihnachtsfest zu feiern. 14 Tage zuhause lernen ist nicht dasselbe, wie in der Schule zu lernen. Es ist klüger, den Unterricht stattfinden zu lassen. Aus der Schließung der Schulen im April und Mai haben wir gelernt, dass eine Schließung tiefe Spuren bei den Kindern und Jugendlichen hinterlässt. Denn zum Lernen gehört auch das soziale Lernen, also der Kontakt zu Gleichaltrigen und die Gemeinschaft im Schulalltag. Zudem sind viele Familien überfordert mit dem Homeschooling."
Warum ist das Homeschooling keine Alternative? Mein Kind lernt zuhause besser als in der Schule.
Rabe: „Ich lehne das digitale Lernen nicht kategorisch ab. Aber ich sage folgendes: Schülerinnen und Schüler der Oberstufe an den Gymnasien waren und sind in der Regel gut ausgestattet und konnten mit dem Homeschooling gut umgehen. Das war aber in anderen Klassenstufen und Schulformen bei weitem nicht so. Wenn ein Kind ohne Lehrer besser lernt als mit, dann sollte das mal an der entsprechenden Schule überprüft werden. Ich muss aber an 256.000 Schülerinnen und Schüler denken und muss eine Lösung finden, die für alle passt. Hier halten wir die Öffnung der Schulen mit den entsprechenden Sicherheits- und Hygienekonzepten für das Beste.“
Wieviele Schülerinnen und Schüler sind aktuell infiziert und wie ist die Verteilung in der Stadt?
Rabe: „Wir haben per heute 900 infizierte Schülerinnen und Schüler an rund 200 Schulen, aber über die genaue Verteilung kann ich im Moment nichts sagen, weil ich den Zettel nicht finde. Wie sagt man so schön, da habe ich meine Hausaufgaben nicht dabei... Ich kann aber so viel sagen, dass wir im Hamburger Durchschnitt liegen. Also wenn wir rund 150 Infektionen pro Woche auf 100.000 Einwohner haben, dann trifft dieses Verhältnis auch auf den Bereich Schule zu. Wichtig ist dabei: Die allermeisten haben sich außerhalb der Schule angesteckt. Deshalb kommen wir in der Abwägung zu dem Ergebnis, die Schulen offen zu lassen.“
Sollten CO2-gesteuerte Lüftungsanlagen in den Klassenzimmern installiert werden?
Rabe: „Wir haben den Schulen Geld überwiesen, damit Sensoren angeschafft werden können, die anzeigen, wann die Luft im Klassenzimmer verbraucht ist und man weiß, wann eine Lüftung sinnvoll ist. Von Raumluftfiltern, wie sie der Münchener Professor Kähler anrät, nehmen wir Abstand. Unserer Ansicht nach reicht es völlig aus, wenn in einem normalen Klassenzimmer alle 20 Minuten stoßgelüftet wird. Es ist falsch, die Fenster dauerhaft auf Kipp zu stellen. Dann kühlt der Raum aus und beim Stoßlüften kann kein Austausch der Luft erfolgen.“
Den gesamten Talk zum Nachhören
Das komplette Gespräch zwischen Schulsenator Ties Rabe und Radio Hamburg Nachrichtenchef Rainer Hirsch könnt ihr direkt hier in voller Länge und mit allen Fragen und Antworten nachhören:
06.11.2020
Schulsenator Ties Rabe im Interview