Der brutale Tod des Afroamerikaners George Floyd erschüttert Amerika und hat dort landesweit zu heftigen Protesten geführt. Auch im Rest der Welt werden Stimmen lauter endlich aktiver gegen Rassismus und Polizeigewalt vorzugehen. Radio Hamburg hatte die Chance zu diesem Thema exklusiv mit Hamburgs Polizeisprecher Holger Vehren zu sprechen.
Weltweites Schlaglicht auf ein vernachlässigtes Thema
Vor allem das Video des Vorfalls geht durchs Netz und zeigt das kaum nachvollziehbare Verhalten mehrere Polizisten. Danach kam es in über 140 Städten innerhalb und außerhalb der USA zu Demonstrationen gegen Polizeigewalt und Rassismus. Mittlerweile gibt es sogar Ausgangssperren in mehreren Städten, um das Chaos in Zaum zu halten. Auf die Frage angesprochen, was die Hamburger Polizei von den amerikanischen Kollegen unterscheidet, erklärt Holger Vehren: "Die Ausbildung dort dauert selten länger als ein halbes Jahr. Bei uns sind das hingegen immer mindestens zweieinhalb Jahre. Zudem haben wir zur Nachwuchsgewinnung ein ziemlich umfangreiches Anforderungsprofil." Außerdem sei die Ausbildung sehr bereit und vielschichtig ausgebaut. Gerade in den USA läge der Fokus oft auf der Waffenausbildung. In Deutschland geht es auch um rechtliche Grundlagen, das Selbstverständnis der Polizei, die Stellung in der Gesellschaft und auch das Interesse der Öffentlichkeit an der Polizei.
Wie rechts ist die Hamburger Polizei?
Eine gute Ausbildung ist das eine, aber kann diese auch verhindern, dass es rassistische Tendenzen in der Polizei gibt oder gar Rechtsradikale? Das versucht die Hamburger Polizei ganz klar zu verhindern. "Das Einstellungs- und Auswahlverfahren ist so aufgebaut, dass besonders darauf geachtet wird radikale oder extremistische Tendenzen erkennen zu können", so Vehren. Dazu gäbe es diverse Prüfmechanismen, mit denen sichergestellt werden soll, dass bei Nachwuchskräfte solche Tendenzen frühzeitig erkannt werden können. Daneben gibt es aber auch im Bereich der Fortbildung, Kurse die sich um Menschenrechte und verschiedene Kulturen drehen. Seit 1995 achtet die Hamburger Polizei aktiv darauf, Bewerber mit Migrationshintergrund einzustellen. "Logischerweise wird das Thema durch Beamte mit unterschiedlichen Kulturen und Ansichten immer häufiger und intensiver betrachtet", macht der Polizeisprecher deutlich.
Auch Rechtsradikale in der Hamburger Polizei?
Trotz der vielen Sicherungsmechanismen lässt sich natürlich nie ganz ausschließen, dass es auch Menschen mit rechtsradikalem Gedankengut in der Hamburger Polizei ist. Holger Vehren betont aber nachdrücklich: "Im Rahmen unserer Ausbildungen und Fortbildungen und den Einstellungsvoraussetzungen versuchen wir möglichst frühzeitig Tendenzen zu sehen und darauf reagieren zu können."
Thema "Racial Profiling"
Nun gibt es ja den Vorwurf, dass die Polizei aufgrund von bestimmter Merkmale, wie Herkunft oder Hautfarbe jemanden als verdächtig einschätzt und nicht aufgrund konkreter Tatsachen. Angesprochen darauf, wie die Polizei mit dem Vorwurf des "Racial Profiling" umgeht, erklärt der Polizeisprecher: "Wir weisen diesen Vorwurf ganz entscheidend von uns." In der Aus- und Fortbildung gehe es umfangreich um das Thema "Rassistische Diskriminierung" und "Ethik", weshalb die Hamburger Polizei in diesem Thema besonders sensibilisiert sei. Das "Racial Profiling" wird der Polizei aber trotzdem vorgeworfen, wenn zum Beispiel schwerpunktmäßig mutmaßliche Drogendealer in der Schanze oder etwa an der Hafentreppe kontrolliert werden, und da betrifft das meist Menschen mit dunkler Hautfarbe. Wie sorgt die Polizei denn dann dafür, dass sich danach bei den Beamten nicht Stereotype festsetzen? Hier erklärt Vehren nochmals deutlich: "Wir handeln nicht nach dem Aussehen einer Person, sondern nach polizeilichen Erfahrungen. Wenn wir eine Erkenntnis haben und das auch tatsächlich sehen, dann handeln wir. Das hat mit der Hautfarbe nichts zu tun."
Alle weiteren Entwicklungen rund um die Massenproteste in den USA hört ihr bei uns im Programm, in unseren Nachrichten oder falls ihr die mal verpasst habt in unserem Nachrichtenpodcast.