18. August 2021 – Sebastian Tegtmeyer
Die Zahl der Corona-Infektionen steigt in Hamburg. Der Intensivmediziner Stefan Kluge rechnet fest mit einer vierten Welle. Eine neue dramatische Lage in den Krankenhäusern wie zu Jahresbeginn hält er aber für vermeidbar.
Trotz der seit Mitte Juli wieder stark steigenden Corona-Inzidenz liegen in den Hamburger Kliniken noch relativ wenige Covid-19-Kranke. Am Dienstag wurden nach Angaben der Gesundheitsbehörde 83 Patienten behandelt, 32 von ihnen auf Intensivstationen. Das sind zwar deutlich mehr als am vergangenen Freitag, als noch 66 Klinikpatienten gezählt wurden, 21 davon auf Intensivstationen. Aber noch sind die Kliniken weit von den Höchstständen zu Jahresbeginn entfernt, als fast 600 Corona-Kranke stationär und mehr als 100 auf Intensivstationen behandelt wurden.
Deutschlandweit 574 Intensivpatienten
Im Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) werden derzeit 11 Covid-Patienten auf Normalstationen versorgt, weitere 10 auf der Intensivstation. "Das ist wirklich wenig", sagte der Direktor der Klinik für Intensivmedizin, Prof. Stefan Kluge, der Deutschen Presse-Agentur. Deutschlandweit gebe es zurzeit 574 Intensivpatienten mit Covid-19, das entspricht einem Zehntel des Höchststandes zu Beginn des Jahres.
"Die vierte Welle wird kommen."
"Es gibt aber immer die Angst vor einer Wellenbewegung", sagte Kluge. Er geht davon aus, dass die Sieben-Tage-Inzidenz in Hamburg schon bald über 100 steigen wird. "Die vierte Welle wird kommen." Das Ende der Schulferien habe auch in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen zu einem Anstieg der Infektionszahlen geführt. Zudem würden sich die Menschen bei kühlerem und regnerischem Wetter wieder vermehrt in Innenräumen aufhalten.
Bei der Zahl der Neuinfektionen kommt es nach Ansicht von Kluge aber sehr auf das Alter der Betroffenen an. Im Moment seien die meisten Infizierten in Hamburg im Kindes-, Jugend- oder jüngeren Erwachsenalter. Diese erkrankten nur sehr selten schwer. "Hätten wir in Deutschland zum Beispiel 50.000 Neuinfektionen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren, wären die Auswirkungen auf das Gesundheitssystem natürlich ganz andere, als wenn sich 50.000 ungeimpfte Personen im Alter über 50 Jahren infizieren."
Krankenhauspatienten zum Großteil nicht geimpft
Die derzeitigen 10 Intensivpatienten im UKE seien alle nicht komplett geimpft und im Schnitt 56 Jahre alt. Auch die elf Covid-Kranken auf der Normalstation hätten sich zu drei Vierteln nicht impfen lassen. Angesichts der Impfmöglichkeit bezeichnet Kluge Covid-19 als eine inzwischen weitgehend vermeidbare Krankheit. Sein Eindruck sei, dass derzeit unter anderem auch soziale Faktoren und Sprachbarrieren eine Rolle spielen.
Berliner Ampelsystem auch für Hamburg denkbar?
Bei der Bewertung des Infektionsgeschehens plädierte Kluge für das Berliner Modell. Das Ampel-System des Berliner Senats, das im Online-Lagebericht angezeigt wird, berücksichtigt insgesamt drei Indikatoren: Sieben-Tage-Inzidenz, Intensivstationen und Wochentrend der Inzidenz. Wie der Berliner Senat bei der Einführung des Frühwarnsystems angekündigt hatte, bedeutet zweimal Gelb, dass die Problematik erörtert werden solle, bei Doppel-Rot bestehe dringender Handlungsbedarf.
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