20. Juni 2022 – Stefan Angele
Trotz haushohem Sieg
ESC 2023 findet nicht in der Ukraine statt
Schuld ist der Krieg
Foto: Alexander Ishchenko / Shutterstock.com
Der nächste Eurovision Song Contest (ESC) findet wegen des russischen Angriffskriegs nicht beim diesjährigen Sieger Ukraine statt. Das teilte die Europäische Rundfunkunion (EBU) am Freitag (17.06.) in Genf mit. Stattdessen wolle man Gespräche mit der BBC führen, ob der ESC 2023 in Großbritannien ausgerichtet werden könne. Auch der Norddeutsche Rundfunk (NDR) bestätigte die Entscheidung der EBU. In Kiew wurde die Verlegung in einer ersten Reaktion scharf kritisiert.
Gewinner darf ESC normalerweise ausrichten
Die ukrainische Band Kalush Orchestra hatte Mitte Mai mit dem Hiphop-Lied "Stefania" den 66. ESC im italienischen Turin gewonnen, womit ihr Land der ESC-Tradition zufolge als Gastgeber des Wettbewerbs im Folgejahr gesetzt gewesen wäre. Vor allem bei den Zuschauerwertungen aus ganz Europa hatte die Band klar vorne gelegen. Vor dem Hintergrund des Kriegs war die ESC-Party
so politisch wie lange nicht mehr gewesen, der so klare Sieg wurde als Signal der Solidarität vom Publikum in vielen Ländern verstanden. Russland war wegen des Kriegs vom ESC ausgeschlossen gewesen. Viele Ukrainer hatten den ESC-Sieg begeistert gefeiert. Präsident Wolodymyr Selenskyj damals: "Unser Mut beeindruckt die Welt, unsere Musik erobert Europa! Im nächsten Jahr empfängt die Ukraine den Eurovision! Zum dritten Mal in unserer Geschichte."
20.06.2022
So klingt der Gewinnersong "Stefania" von Kalush Orchestra
Wegen des Kriegs ist Contest nicht durchführbar
Doch daraus wird nun nichts. Angesichts des anhaltenden Kriegs seit dem russischen Einmarsch in das diesjährige Gewinnerland hat sich die EBU nach eigenen Angaben die Zeit genommen, um mit dem ukrainischen Rundfunksender UA:PBC und weiteren Akteuren zu überprüfen, wie machbar die Durchführung des ESC in der Ukraine ist. Dabei ging es auch um Sicherheitsaspekte. Mit tiefem Bedauern sei man zum Schluss gekommen, dass der Sender die Sicherheits- und Betriebsgarantien unter den aktuellen Umständen nicht gewährleisten könne.
Scharfe Kritik aus der Ukraine
Der ukrainische Kulturminister Olexander Tkatschenko forderte die Rücknahme der Verlegung. "Denn wir meinen, dass wir alle auf uns genommenen Verpflichtungen erfüllen können, was wir gegenüber der EBU mehrfach betont haben", schrieb Tkatschenko am Freitag bei Facebook. Kiew sei ohne eine Diskussion über mögliche Alternativen vor die Tatsache der Verlegung gestellt worden, beklagte Tkatschenko. "Wir haben Antworten und Garantien zu den Sicherheitsnormen und dem möglichen Austragungsort für den Wettbewerb gegeben." Die Austragung in der Ukraine wäre ein starkes Signal für die ganze Welt, welche das Land gerade unterstütze. Kiew fordere zusätzliche Gespräche.
Findet der ESC 2023 in Großbritannien statt?
Wenn es aber dabei bleibt, könnte Großbritannien als Zweitplatzierter von Turin in der Rolle des Gastgebers nachrücken. Gespräche mit der BBC über eine mögliche Ausrichtung des Wettbewerbs im Vereinigten Königreich werde man jetzt beginnen, teilte die EBU mit. Der Sieg der Ukraine beim ESC 2022 solle sich aber in den Shows widerspiegeln. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon zeigte am Freitag Bereitschaft, den ESC zum Beispiel nach Glasgow zu holen. Sie könne sich einen perfekten Veranstaltungsort am Ufer des Flusses Clyde vorstellen, schrieb Sturgeon am Freitag auf Twitter. "In der Tat könnte es mehrere mögliche Veranstaltungsorte in Schottland geben."
Boris Johnson will ESC nicht im Land haben
Der britische Premierminister Boris Johnson hat sich für eine Austragung des nächsten Eurovision Song Contest (ESC) in der Ukraine ausgesprochen. "Tatsache ist, dass sie ihn gewonnen haben, und sie verdienen es, ihn zu haben", sagte Johnson in einem Interview am Samstag (18.06.). Er selbst habe sich bei einem kurzfristigen Besuch am Vortag in Kiew davon überzeugt, dass die Stadt schon sehr viel belebter sei als noch vor einigen Wochen, sagte der konservative Politiker. "Kiew oder eine andere sichere ukrainische Stadt wäre ein fantastischer Austragungsort", so Johnson und fügte hinzu: "Es ist noch ein Jahr bis dahin, ein Jahr! Das wird okay sein."
Sieger muss nicht zwangsläufig Gastgeber sein
Beim ESC ist es Tradition, dass das Land des Gewinners in der Regel im nächsten Jahr den Wettbewerb ausrichtet. Das ist aber keine Zwangsverpflichtung. Schon in der Vergangenheit haben Sieger - etwa wegen der hohen Kosten des Spektakels - auf ihr Anrecht verzichtet und den Wettstreit an andere Teilnehmer weitergereicht. So sprang die britische BBC bereits im Jahr 1974 einmal ein. Damals hatte Vorjahressieger Luxemburg verzichtet, weil dort schon 1973 ein Grand Prix stattgefunden hatte. Das Fest von 1974 in Brighton ging mit dem Auftritt von Abba mit "Waterloo" dann in die Popgeschichte ein. Es gibt sogar ein Teilnehmerland, das den Regeln zufolge niemals den ESC austragen darf, auch wenn es gewinnt, das ist Australien. Sollte Down Under je gewinnen, wird automatisch ein anderes Land ausgewählt.
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