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Die Erbschaftssteuer in der politischen Diskussion

Die Erbschaftssteuer gilt gerade zur Regulierung der Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland als beliebt. Aber was ist und kann die Erbschaftssteuer im politischen Kontext eigentlich?

Stift, Taschenrechner, Finanzen
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Die Erbschaftssteuer in der politischen Diskussion

Dass die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland seit Jahren immer weiter auseinanderklafft, ist ein bekanntes Problem. Die sozialen Folgen dieser ungerechten Vermögensverteilung werden immer wieder - besonders vor Wahlen - gerne von Parteien des linken Spektrums aufs Tableau gebracht. Die Erbschaftssteuer ist dabei als Mittel zur Regulierung dieser Ungleichheiten beliebter Diskussionsgegenstand. Als gesellschaftlicher Konsens gilt die Annahme, dass Kinder aus sozial schwachen Familien mit deutlich geringerer Wahrscheinlichkeit zu Reichtum gelangen als Kinder der Mittel- und Oberschicht. Anders gesagt: Wer reich geboren wird, der bleibt auch reich. Sich aus der Armut herauszukämpfen, fällt dagegen ungleich schwerer. Über die Gerechtigkeit der Erbschaftssteuer lässt sich auf verschiedene Art streiten. 70-75 % der Deutschen empfinden sie als ungerecht - allerdings aus verschiedenen Gründen.

Pro und Contra Erbschaftssteuer

Zweifellos gibt es gewichtige Argumente sowohl für als auch gegen eine Erhebung von Erbschaftssteuer, bzw. deren Erhöhung. In einem liberalen Staat wird sehr häufig die Unangreifbarkeit von Eigentum ins Feld geführt. So sei es unverhältnismäßig, dass ein durch eigene Leistung erworbenes Vermögen, welches ja bereits versteuert wurde, noch einmal den Krallen des Fiskus unterworfen wird. Dies konterkariere das Leistungsprinzip und setze immer weniger Anreize zum Aufbau eines Vermögens.


Auch die Befürworter der Erbschaftssteuer argumentieren gerne mit dem Leistungsprinzip. Diese sehen ererbtes Vermögen grundsätzlich als unverdient oder unberechtigt an, da dieses ohne erkennbare Gegenleistung erworben wurde und somit illegitim sei. Man könne durch eine entsprechende Erhebung von Erbschaftssteuer zumindest an einer kleinen Schraube drehen, um die ungleiche Verteilung von Vermögen in der Gesellschaft zu regulieren. So sollen besonders die großen Vermögen nicht leistungslos von den Nachkommen der Superreichen vereinnahmt werden, sondern stattdessen der Allgemeinheit zugutekommen. Investitionen in Bildung seien hierfür bestens geeignet, da dies der Schlüssel zum gesellschaftlichen und somit auch finanziellen Aufstieg sei. Darüber hinaus sei der Aufbau großer Vermögen ohnehin nur auf Kosten der sozial Benachteiligten möglich. Insofern könne eine Abführung von Erbschaftssteuer auch als Ausgleich bzw. Reparation an die gesamte Gesellschaft gesehen werden.

Einordnung im weltweiten Vergleich:

Die Erbschaftssteuer in Deutschland - so unbeliebt sie auch sein mag - ist im Vergleich extrem bürgerfreundlich. In den USA beispielsweise sieht das Steuerrecht auch die Besteuerung kleiner Nachlässe vor und erhebt auf große Vermögen bei deutlich geringeren Freibeträgen auch deutlich höhere Steuersätze. Auch im europäischen Vergleich gilt die deutsche Erbschaftssteuer als sehr moderat. Es ist anzunehmen, dass die Ablehnung von Steuern in Deutschland generell höher ausgeprägt ist als woanders auf der Welt.

Besteuerung von vererbten Unternehmen:

Nicht nur Geld- oder Immobilienvermögen unterliegt der Erbschaftssteuer, sondern auch das eigene Unternehmen. Eine seriöse Unternehmensbewertung gilt hier als die Basis für eine faire Berechnung. Die Besteuerung von Unternehmen bzw. Unternehmensanteilen in Hinblick auf eine mögliche Rechtsnachfolge ist äußerst facettenreich und bedarf in jedem Fall der Hinzuziehung von Experten. Vor allem sollte dieses komplexe Thema schon frühzeitig erörtert werden, um im Ernstfall böse Überraschungen zu vermeiden.

Fazit:


Es ist interessant, dass in einer Gesellschaft, in der es als ungeschriebenes Gesetz gilt, nur durch Geburt und damit unverschuldet erlittene Nachteile als inakzeptabel zu brandmarken, der finanzielle Status als die einzige Ungleichheit betrachtet wird, die zu tolerieren ist. Umso wichtiger ist die Erkenntnis, dass die Erbschaftssteuer durchaus eine veritable Stellschraube ist, deren Feinjustierung interessanten Gestaltungsspielraum eröffnet.

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