Das Bewusstsein für das Thema Gesundheit und Gesundheitsversorgung ist in der Bevölkerung durch die Coronakrise zuletzt deutlich gestiegen. Der Wunsch nach einem kontaktlosen Arztbesuch wirkt wie ein Katalysator für die Telemedizin.
Immer mehr Arztpraxen und Krankenhäuser bieten daher in der Zwischenzeit diesen Service an.
Große Nachfrage nach kontaktlosen Sprechstunden
Die rechtlichen Grundlagen für die digitale medizinische Versorgung wurden bereits im Jahr 2018 geschaffen, als der Wegfall des Fernbehandlungsverbots beschlossen wurde. Ende 2019 trat dann das Digitale-Versorgung-Gesetz in Kraft, das für eine bessere medizinische Versorgung durch Digitalisierung und Innovation sorgen soll. Das Interesse in der Bevölkerung für diese innovativen Dienstleistungen ist nicht zuletzt seit Ausbruch der Corona Pandemie enorm. Mehr als 50% der Bundesbürger können sich laut dem Healthcare-Barometer 2020, die von PwC durchgeführt wurde, vorstellen, ihren Arzt statt des persönlichen Besuches per Videosprechstunde zu konsultieren. Die genannte Studie wurde bereits im Februar diesen Jahres durchgeführt. Der Bedarf nach kontaktlosen Ferndiagnosen dürfte durch die Angst vor einer Ansteckung seitdem noch gestiegen sein. Die große Akzeptanz für telemedizinische Angebote bestätigen auch viele Versicherungsgesellschaften. Ein Vorreiter auf diesem Gebiet ist laut eigenen Angaben die Axa Krankenversicherung AG. Einer Studie zufolge gab es bei Axa bereits im Herbst 2019 mehr als 30 digitale Serviceangebote und damit doppelt so viele wie im durchschnittlichen Branchenvergleich. Auch Debeka und SDK haben eine enorme Nachfrage nach kontaktlosen Gesundheitstools festgestellt. Die beiden Versicherungsgesellschaften haben ebenfalls bereits auf das gesteigerte Interesse mit verschiedenen Angeboten wie Online-Sprechstunden reagiert. Es bleibt abzuwarten, ob die Nachfrage auch dann noch entsprechend hoch ist, wenn der heiß ersehnte Corona-Impfstoff am Markt ist.
Immer mehr Anbieter von Telemedizin
Auch das Ambulanzzentrum des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf startete im April eine Initiative und weitete das telemedizinische Angebot aus. "Wir möchten unseren Patientinnen und Patienten des Ambulanzzentrums auch während der Corona-Pandemie eine bestmögliche Versorgung anbieten, dabei jedoch gleichzeitig die physischen Kontakte reduzieren." so Tillmann Halbuer, Kaufmännischer Geschäftsführer des UKE-Ambulanzzentrums. 40 Ärztinnen und Ärzte aus unterschiedlichen Fachbereichen sowie Therapeuten können über gesicherte Netzwerke ambulante Therapien online durchführen. Bei Bedarf werden sogar Angehörige oder Dolmetscher dazu geschaltet. Die Telemedizin ist hier vor allem für Patienten gedacht, die keine körperliche Untersuchung benötigen. Des Weiteren steht dieser Service nur jenen Patienten zur Verfügung, die bereits im UKE-Ambulanzzentrum behandelt werden. In der Zwischenzeit gibt es auch bereits Anbieter wie euroClinix, die sich rein auf Online-Sprechstunden spezialisiert haben und rezeptpflichtige Medikamente kontaktlos verschreiben können. Auch viele Ärzte in Hamburg stellen sich auf die neuen Entwicklungen ein und offerieren mittlerweile in verschiedenen medizinischen Fachbereichen Videosprechstunden. So bietet beispielsweise die Arztpraxis am Michel – ein Team von Hausärzten – die praktische Online-Sprechstunde ebenso an wie die HNO-Praxis an der Oper oder das Zentrum für Gefäßmedizin in Hamburg. Auch die Kinderwunschklinik des medizinischen Versorgungszentrum amedes und die Praxis für Rheumatologie und klinische Immunologie führen Beratungen über das Internet durch.
Patienten benötigen dafür nur einen Computer, ein Tablet oder ein Smartphone sowie eine verlässliche Internetverbindung. Wie bei jedem anderen Videochat ist natürlich auch eine Kamera, ein Lautsprecher sowie ein Mikrofon notwendig, um den Arzt online konsultieren zu können.