02. Oktober 2025 – Redaktion Radio Hamburg 
Versenkbare Türgriffe bei Tesla geraten in Kritik. Gerichtsfälle zeigen Sicherheitsrisiken, während die Branche über mechanische Alternativen und Hybridlösungen diskutiert.
Design oder Sicherheit? Die Automobilwelt streitet gerade heftig über diese Frage. Tesla, das Vorzeigeunternehmen von Elon Musk, steht im Kreuzfeuer – und zwar wegen etwas, das auf den ersten Blick nebensächlich erscheint: versenkbaren Türgriffen. Schick sehen sie aus, die flachen Griffe am Model S oder Model 3. Sie verbessern die Aerodynamik, lassen die Karosserie cleaner wirken. Doch jetzt zeigen immer mehr Gerichtsverfahren in den USA ein erschreckendes Bild: Nach Unfällen standen Rettungskräfte und Insassen vor verschlossenen Türen. Warum? Weil die Elektronik versagte, genau dann, wenn es am wichtigsten war.
Musk, der auch bei der Paypal-Gründung mit dabei war, hat schon immer gerne Branchen umgekrempelt. Aber diesmal bläst ihm ein scharfer Wind ins Gesicht. Kläger fordern knallhart das Naheliegende: einfache mechanische Türgriffe, die auch ohne Strom funktionieren. Klingt altmodisch? Mag sein. Aber die Frage reicht weit über Tesla hinaus und könnte die komplette E-Auto-Philosophie auf den Prüfstand stellen. Letztlich geht's um den ewigen Konflikt: Wie viel Innovation verträgt die Sicherheit? Und müssen Behörden härter durchgreifen, um beide Seiten in Balance zu halten?
Die Hintergründe: Warum Tesla im Kreuzfeuer steht 
Florida, 2018: Ein Tesla Model S brennt nach einem Unfall, der Fahrer sitzt gefangen im Inneren. Die elektrischen Türgriffe – stromlos nach dem Crash – reagieren nicht mehr. Gerichtsdokumente belegen das Unfassbare: Der Mann konnte die Türen nicht öffnen und verstarb. Leider kein Einzelfall. Aus Kalifornien kommen ähnliche Horrorgeschichten, wo Feuerwehrleute hilflos zusehen mussten, wie kostbare Minuten verstrichen. Die NHTSA, Amerikas Verkehrsbehörde, hat 2022 Alarmierendes festgestellt: Bei E-Autos mit elektronischen Griffen dauert die Rettung bis zu 30 Prozent länger. Der Grund? Meist Batteriebrände, die die Elektronik lahmlegen. Tesla verweist zwar auf eingebaute Notfallsysteme, doch die Richter scheinen nicht überzeugt. Auch in Deutschland, wo Tesla mit seiner Gigafactory in Brandenburg sitzt, schauen TÜV und andere Prüfer genauer hin. Die EU-Normen gelten ohnehin als strenger. Was Autofahrer wirklich über die Sicherheit von autonomen E-Fahrzeugen denken, zeigt auch eine ausführliche Analyse von Radio Hamburg.
Technische Alternativen: Gibt es einen Mittelweg?
Klar, die flachen Griffe sehen cool aus. Sie sparen Luftwiderstand, verlängern die Reichweite – aber zu welchem Preis? Fachleute bringen längst einen pragmatischen Kompromiss ins Spiel: hybride Systeme. Der elektrische Griff bleibt, aber dahinter versteckt sich ein mechanischer Notfallhebel. Keine Raketenwissenschaft, ehrlich gesagt. BMW und Audi machen's vor: Dort gibt's längst mechanische Backup-Lösungen, ohne dass die schöne Form leidet. Die Europäische Kommission fordert in einer Studie von 2023 genau das: unabhängige Öffnungsmechanismen für alle Elektrofahrzeuge. Zahlen vom Fraunhofer-Institut stützen diese Forderung: In 95 Prozent der Notfall-Tests waren mechanische Griffe schneller bedienbar. Tesla versucht gegenzusteuern – mit Software-Updates, die Türen nach einem Crash automatisch entriegeln sollen. Bleibt die Frage: Was passiert bei totalem Stromausfall? Genau da hapert's.
Regulatorischer Druck und die Reaktion der Branche
Die Gerichtsurteile könnten die ganze Branche umwerfen. In Amerika überlegt die NHTSA laut, mechanische Griffe für alle neuen Elektroautos vorzuschreiben. Keine Spekulation – aktuelle Studien der NHTSA zu Fahrzeugsicherheit liefert harte Fakten aus über 500 Unfällen. Zieht Europa nach? Vieles spricht dafür. VW, Mercedes und Co. müssten dann umdenken. Tatsächlich bewegt sich die Industrie bereits. Der Trend geht zur Doppellösung. Während Tesla lange auf reine Software-Fixes setzte, bauen andere Hersteller vermehrt beide Systeme ein. Der VDA, Deutschlands Autolobby, warnt zwar: Die Produktionskosten könnten um bis zu 5 Prozent pro Fahrzeug steigen. Die Kehrseite? Unbezahlbar: Mehr Vertrauen in E-Mobilität. Branchenkenner rechnen damit, dass bis 2025 mehr als 60 Prozent aller neuen E-Autos mit mechanischen Notfallsystemen ausgestattet sein werden.
Fazit: Ein Weckruf für die gesamte Branche
Innovation um jeden Preis? Diese unbequeme Frage werfen die Tesla-Prozesse brutal auf den Tisch. Klar, Musks Firma hat die E-Mobilität vorangebracht – keine Frage. Aber die aktuellen Verfahren sind ein dringender Weckruf. Es geht nicht darum, zurück in die Steinzeit zu gehen oder den Fortschritt auszubremsen. Es geht um etwas Grundsätzliches: verlässliche Sicherheit, wenn's drauf ankommt. Der Druck auf alle Hersteller wächst, Hybridlösungen zu entwickeln – das Beste aus beiden Welten. Für Autokäufer heißt das: Augen auf beim E-Auto-Kauf. Informiert euch über die Notfallsysteme, bevor ihr unterschreibt. Am Ende könnte dieser schmerzhafte Prozess die Branche reifer machen. Ein notwendiger Schritt, damit technologischer Fortschritt und Menschenleben keine Gegensätze bleiben müssen.