03. März 2021 – Stefan Angele
Seit Wochen scheiden sich die Impf-Geister an vor allem einem Namen - Astrazeneca. Immer wieder geistern Gerüchte umher, der Impfstoff sei weniger wirksam, würde heftigere Nebenwirkungen auslösen und sei deshalb weniger gut als andere Impfstoffe. Nachdem dann auch noch die Ständige Impfkommission das Impfen mit Astrazeneca wegen fehlender statistischer Daten vorerst nur für Personen unter 65 empfohlen hat, war der schlechte Ruf perfekt. Das Ergebnis: Millionen Impfdosen liegen in Deutschland unverimpft herum, obwohl sicherlich viele Leute zu einer Impfung bereit wären. Doch was ist dran an dem Gemecker über Astrazeneca?
Der Impfstoff ist weniger wirksam?
In Studien hat der Wirkstoff von Astrazeneca eine Wirksamkeit von 60-70 Prozent gezeigt. Das ist tatsächlich weniger als beispielsweise beim Biontech-Impfstoff, der zu 95 Prozent wirkt. Dennoch ist die Zahl irreführend. Eine 70-prozentige Wirksamkeit sagt nicht, dass der Impfstoff bei 30 von 100 Personen nicht wirkt. Auch agt der Wert nicht, dass das Vakzin quasi nur 70 von 100 möglichen Punkten eines perfekten Impfstoffs erreicht. Die Zahl von 70 ergibt sich aus der klinischen Studie, in der man schlichtweg die Anzahl der Erkrankten unter den Geimpften zu den Erkrankten und den Nicht-Geimpften ins Verhältnis setzt. In den klinischen Studien gab es also 70 Prozent weniger Erkrankungen als in der Placebo-Gruppe. Hier wird übrigens in 1000er-Einheiten gerechnet. 5 Personen von 1.000 erkrankten in der Impfgruppe, 18 in der Placebo-Gruppe. Die Rede ist hier übrigens in den meisten Fällen immer von leichten Symptomen.
Mit einer derartigen Wirksamkeit ist der Impfstoff immer noch deutlich wirksamer als viele andere Impfstoffe wie zum Beispiel die jährlichen Grippeimpfstoffe. Erwiesen ist mittlerweile auch, dass der Astrazeneca-Impfstoff ebenso wirksam schwere Krankheitsverläufe, Krankenhauseinweisungen und Todesfälle reduziert wie die anderen Impfstoffe. Zudem bietet der Impfstoff viele Vorteile. Er muss nicht bei -70 Grad gekühlt werden, ist deutlich leichter transportierbar und kann damit schneller in die Breite verimpft werden.
Der Impfstoff verursacht heftigere Nebenwirkungen?
Immer wieder wird auch darüber berichtet, dass eine Impfung mit Astrazeneca teils heftige Nebenwirkungen auslösen würde. Am häufigsten kommt es dabei zu Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen und seltener auch zu Fieber. Diese Nebenwirkungen sind laut RKI und Paul-Ehrlich-Institut für eine Impfung überhaupt nicht ungewöhnlich, sondern sogar eher normal, da sie zeigen, dass das Immunsystem auf die Impfung reagiert und den entsprechenden Schutz aufbaut. Klar ist aber auch, dass der Impfstoff wohl tatsächlich häufiger zu Nebenwirkungen zu führen scheint wie seine Kollegen. Dramatisch sind diese aber nicht und klingen nach 1-2 Tagen wieder ab. Nach ersten Erkenntnissen sind die Nebenwirkungen bei Astrazeneca auch deshalb häufiger Thema, weil die Nebenwirkungen meist nach der ersten Impfung auftreten und nach der zweiten Impfung kaum. Bei den anderen Impfstoffen ist es meist genau umgekehrt.
Der Impfstoff wirkt bei alten Leuten nicht?
Das lässt sich schlichtweg noch nicht genau sagen. Die Ständige Impfkommission hat Astrazeneca für Über-65-Jährige nicht empfohlen, weil der Impfstoff eventuell nicht wirken könnte, sondern weil schlichtweg noch zu wenig Daten für eine seriöse Bewertung vorliegen. Es handelt sich also vielmehr um mangelnde Daten als eine Gefahr. Im Übrigen sieht die europäische Zulassungsbehörde EMA keine geringere Wirksamkeit bei älteren Menschen und auch Studien aus anderen Ländern deuten darauf hin, dass Astrazeneca bei Älteren ebenso wirkt wie bei Jüngeren. Die STIKO will deshalb auch schon bald ihre Empfehlung für Astrazeneca anpassen.
Der Impfstoff wirkt nicht gegen Mutanten?
Eine Studie aus Südafrika lässt auf den ersten Blick tatsächlich den Schluss zu, dass das Vakzin gegen die Südafrika-Variante weniger wirksam sein könnte und weniger gut vor schweren Verläufen schützt. Experten haben an der Studie jedoch ehrbliche Zweifel, sodass auch die WHO weiter den Einsatz des Impfstoffes empfiehlt. Gegen die meisten anderen Mutationen wie auch die britische Mutation B.1.1.7 ist Astrazeneca laut ersten Einschätzungen aber genauso wirksam wie bei der ursprünglichen Variante.
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